Die primitive Roadmovie-Comedy um ein zur Familie zusammenwachsendes Misfit-Quartett ist eine witzlose Sitten-Freakshow.
We’re the Millers, Rawson Marshall Thurber, USA 2013
Kinostart: 29.08.2013
Story: Nachdem er ausgeraubt wurde, schuldet der harmlose Marihuana-Dealer David seinem größenwahnsinnigen Zulieferer Geld. So muss er zwei Tonnen Gras aus Mexiko über die Grenze schmuggeln und bezahlt Stripperin Rose, Nachbars-Idiot Kenny und Ausreißerin Casey, damit sie als Scheinfamilie die riskante Tour tarnen.
Von Thorsten Krüger
Rawson Marshall Thurber unterbietet das Niveau von „Voll auf die Nüsse“ spielend und hat für seine Freakshow amerikanischer Sitten einen Roadtrip im RV mit einem Misfits-Quartett erkoren, das – offenbar träumen selbst Drogendealer in Amerika von nichts anderem – sich streitend zur Familie zusammenrauft. Krass fehlbesetzt ist darin Jennifer Aniston als Stripperin, so unsexy und bieder wie einst Demi Moore, wofür es hoffentlich die Goldene Himbeere gibt.
Großartiger Hinterland-Film-Noir aus den Südstaaten, mit dem Jeff Nichols ein starbesetztes Coming-of-Age dichtet.
Jeff Nichols, USA 2012
DVD/BD-Start: 05.05.2014
Story: Ellis und Neckbone leben in einer Flusssiedlung in Arkansas. Bei einem ihrer Motorbootausflüge entdecken die Kids den Outlaw Mud, der sich vor Blutrache und Polizei auf einer Insel versteckt. Die beiden Jungs helfen ihm einen Fluchtplan zu schmieden und seine große Liebe zu kontaktieren. Die ziert sich.
Von Max Renn
Ein klasse besetztes und ebenso gespieltes Coming of Age aus dem amerikanischen Süden, das sich eigentlich als handfester Film Noir erweist, hat Jeff Nichols nach eigenem Drehbuch in stilsichere Bilder gegossen, die das ernste Drama dieser Tom Sawyer & Huckleberry Finn, die in eine Selbstjustiztragödie hineingezogen werden, mit unheimlicher Lakonie in naturbelassen fotografierte, herb-schöne Wildnis sublimiert.
„Men in Black“ mit untoten Comicmonstern und wechselhaften Effekten: zwischen lasch und launig pendelnde Buddy-Fantasy-Komödie.
Robert Schwentke, USA 2013
Kinostart: 29.08.2013
Story: Als Nick von seinem korrupten Partner niedergeschossen wird, landet der Bostoner Cop nicht im Himmel, sondern im „Rest in Peace Department“, einer jenseitigen Polizeibehörde, die Tote aufspürt. Mit Marshall Roy entdeckt Nick einen apokalyptischen Plan, dem seine Witwe zum Opfer fallen soll.
Von Gnaghi
Weitgehend witzlose Comicreihen-Adaption, die der wandlungsfähige Robert Schwendtke („Die Frau des Zeitreisenden“) als „Men in Black“ mit Toten und mitunter sagenhaft künstlichen Computereffekten umsetzt. Seine metaphysische Buddy-Komödie entwickelt käsiges Flair, wenn die Monster-Polizei beim Lösen übernatürliche Fälle einer apokalyptischen Verschwörung auf die Spur kommt.
Schwungvoll-elegante Katz-und-Maus-Mystery, die sich selbst mit David-Copperfield-Tricks an der Nase herumführt.
Now You See Me, Louis Leterrier, FR/USA 2013
Kinostart: 11.07.2013
Story: Nach einer mysteriösen Einladung raufen sich vier mäßig erfolgreichen Einzel-Illusionisten zu den „Four Horsemen“ zusammen, die in großen Live-Shows ihr Publikum mit Bankraubzügen verblüffen und anschließend mit der Beute beschenken. FBI und Interpol stellen ihnen mit Hilfe eines Branchen-Veterans verbissen nach.
Von Thorsten Krüger
Eigentlich funktionieren Kartentricks im Kino nicht, weil das Kino selbst ein großer Trick ist. Aber in der rasant-charmanten Mystery vom Franzosen Louis Leterrier („Kampf der Titanen“) führen sich die Protagonisten so schwungvoll-elegant an der Nase herum, dass der aufpolierte David-Copperfield-Caper-Spaß einer glitzernden Zaubershow aus Las Vegas gleicht.
Actionreiches Entertainment-Paket, das mit Terrorismus und Kriegstreiberei ferner denn je von Roddenberrys Friedensvision liegt.
J.J. Abrams, USA 2013
Kinostart: 09.05.2013, DVD/BD-Start: 12.09.2013
Story: Kaum wurde Heißsporn Kirk wegen eines Direktiven-Verstoßes des Kommandos über die U.S.S. Enterprise enthoben, erhält er es im Zuge eines den Tod seines Mentors fordernden Terroranschlags zurück, um in einer Geheimmission Terrorist Harrison in Klingonengebiet zu jagen. Doch jemand spielt falsch.
von Thorsten Krüger
Star Trek Teil 12, oder Nummer zwei nach dem Reboot von „Lost“-Guru J.J. Abrams, rekurriert auf den Original-Nachfolger „Star Trek II: Der Zorn des Khan“, indem er den mit starker Präsenz fesselnden Benedict Cumberbatch („Der Hobbit“) als Übermenschenzüchtung Khan einer Racheagenda folgen lässt.
Erhebende Chronik der Bürgerrechtsbewegung aus Sicht eines unpolitischen schwarzen Butlers, der sieben US-Präsidenten diente.
The Butler, Lee Daniels, USA 2013
Kinostart: 10.10.2013, DVD/BD-Start: 27.02.2014
Story: Im Kindesalter erfährt Plantagensklave Cecil das Grauen der Leibeigenschaft und wird zum „Hausnigger“ erzogen. Nach seiner Flucht erlernt der Mittellose das Dienen bis zur Perfektion, was ihn als Butler 1957 ins Weiße Haus bringt. Während sein Sohn für seine Rechte protestiert, dient Cecil schweigend sieben Präsidenten.
Von Thorsten Krüger
Von Onkel Toms Hütte bis Obamas Präsidentschaft: Die Chronik der Bürgerrechtsbewegung verbunden mit biografischem Familiendrama rafft fast 60 Jahre amerikanische (Kultur)Historie aus der Perspektive eines Schwarzen, lose basierend auf dem Leben von Eugene Allen. Im ersten Oscarbeitrag der Saison, der einen absurden Namensrechtsstreit mit den Warner-Wichten gewinnen musste, um ins Kino zu dürfen, ist eine erhebende Schulgeschichtsstunde, die Obama als Krönung dieses Change idealisiert.
Schonungslos-dokumentarischer Anti-Drogen-Thriller, in dem Action-Guru Johnnie To mit den Kartellen abrechnet.
Du zhan, Johnnie To, C/HK 2012
DVD/BD-Start: 13.12.2013
Story: Gerade ist Tians Drogenfabrik explodiert, da geht der Dealer den Fahndern von Captain Zhang ins Netz. Unter Androhung der Todesstrafe kooperiert Tian mit den Behörden und führt das Undercover infiltrierende Polizei-Team in ein undurchschaubares Netz der Drogenmafia, während er geduldig auf seine Fluchtchance wartet.
Von Thorsten Krüger
Hongkongs profiliertester Action-Shifu Johnnie To („The Mission“) emigriert zum Festland, dessen erfrischende Smogluft ihm offenbar zu einem nervenaufreibend-nüchternen Einblick ins heutige China inspiriert hat. Nach er sich zuletzt nur noch in trägen Selbstzitaten wälzte („Vengeance“), folgt sein dokumentarischer, schonungsloser Thriller im farbarmen Look minutiös die Polizeiarbeit der Behörden bei einer breit orchestrierten Undercover-Aktion gegen die heimische Drogenmafia. Diese China Connection pulsiert vor unterschwelliger Suspense und bedient sich eines frappierenden Realismus.
Zwischen melodramatischer Filmbiz-Satire und Animationstrip in die Fantasie reflektiert Ari Folman die Zukunft von Kino und Menschen.
Ari Folman, Israel/D 2013
Kinostart: 12.09.2013, DVD/BD-Start: 13.06.2014
Story: Da sie keine Rollen mehr erhält, verkauft die Schauspielerin Robin Wright die Rechte an ihrem ewig jungen digitalen Ich an ein Hollywood-Studio für 20 Jahre, in denen sie von der Bildfläche verschwinden muss. Nach dieser Frist reist sie zu einem Kongress, wo sie mit einem neuen Medikament in ihre Vorstellungswelt flüchtet.
Von Thorsten Krüger
Who Framed Robin Wright? Nach seinem Welterfolg „Waltz With Bashir“ nimmt sich der Israeli Ari Folman des SF-Propheten Stanislaw Lem an. Sehr frei nach Der futurologische Kongress mixt er melancholische Filmbiz-Satire mit einem wilden Animationstrip. Wie es „Being John Malkovich“ oder „JCVD“ vorgemacht haben, spiegelt Robin Wright ihr reales Leben als Metaebene zu einem selbstironischen, humorvollen Vexierspiel über verblassten Starruhm und das gnadenlose Filmgeschäft (mit einem degoutant zynischen Danny Huston), das die totale Käuflichkeit von Menschen erörtert.
Story: Die Immigranten Maria und José sind als Concierge und Vorarbeiter im Diensten ihrer Herren in Paris unverzichtbar, die das hart ackernde Ehepaar seit Jahrzehnten bedenkenlos ausbeuten. Als eine unverhoffte Erbschaft mit Fußangel die Rückkehr in die Heimat ermöglicht, wollen die Arbeitgeber sie mit List und Tücke an sich binden.
Von Thorsten Krüger
Französische Euro-Kulturkomödie, die ihr tolles Ensemble (u.a.: Joaquim de Almeida) und seine Zwickmühlen ernst nimmt, dabei Wohlfühlkino mit emotionalem Schmackes und die Melancholie des portugiesischen Fado mit Lebenslügen und Lebenslust verbindet. Der Zauber von Paris entfaltet sich in warmherzigem Tonfall, blumenbunten Bildern und vitalen Figuren. Eine Immigrantenkomödie mit Culture-Clash und Sozialkritik über Zerrissenheit und die Heimat im Herzen.
Story: China geht voran bei einem auf Leistung getrimmten Schul- und Ausbildungssystem, westliche Länder stehen dem verstärkt von PISA-Regeln normierten Lernen in nichts nach, wenn es darum geht, Druck auf Kinder auszuüben und sie zu konformen Konsumenten zu erziehen. Dabei ginge es auch anders.
Von Thorsten Krüger
Der Abschluss von Erwin Wagenhofers Doku-Trilogie, bestehend aus „We Feed the World“ über die globale industrielle Nahrungsmittelproduktion und „Let’s Make Money“ über Geldflüsse und Gier, vertritt die These, dass Bildung unsere Begabungen und unseren Geist zuverlässig zerstört. Über 110 lang geratene Minuten mit etwas tröpfelndem Informationsfluss beweist das der Wiener Regisseur unkommentiert allein über sich abwechselnde Interviews, Beobachtungen und selbst erklärende Features.
Sauftour-Schwank, der nach witziger erster halber Stunde zur ermüdenden Kneipenschlägerei mit Alien-Invasion verkommt.
Edgar Wright, GB 2013
Kinostart: 12.09.2013
Story: 1990 scheiterte die Kneipentour von Anführer Gary und seiner vierköpfigen Gang kurz vor dem Ziel. Heute, mit Anfang 40, will der großmäulige Loser sein schönstes Erlebnis vollenden und überredet seine beruflich arrivierten Kumpanen trickreich zur Rückkehr ins Kaff ihrer Jugend. Wo ihnen humanoide Roboter an den Kragen wollen.
Von Thorsten Krüger
Das britische Comedy-Team Edgar Wright, Simon Pegg und Nick Frost vollendet seine Cornetto-Trilogie, die „Shaun of the Dead“ und „Hot-Fuzz“ umfasst. Wieder steht eine Kneipengeschichte mit Weltuntergang in Provinzengland an: in der ersten halben Stunde eine urkomische Satire auf Männlichkeit, Erfolg, Freiheit und Glück. Mit Wortgefechten zwischen einem spätpubertären Loser (Simon Pegg als aufgekratzter Gockel) und seinen längst erwachsenen Freunden, die er mit dreisten Lügen zur Sauftour überredet.
Das Coming-of-Age einer Berlinerin mit 47 sucht wahrhaftige Gefühle, bringt aber nur Ressentiments gegen Männer zustande.
Nico Sommer, D 2013
Kinostart: 03.10.2013, DVD/BD-Start: 01.09.2014
Story: Über 30 Jahre fruchtlose Ehe hat Silvi erduldet, jetzt hat sie ihr Mann einfach stehen lassen und die unerfahrene Ostberlinerin sucht Anschluss am Partnermarkt, will Leben und Liebe nachholen. Sie findet aber nur Rammler, Aussteiger mit Faible für Koks und S/M sowie den vermeintlichen Glücksgriff Thomas, der sich als größter Spinner entpuppt.
Von Sir Real
Berliner Schule, vor allem Andreas Dresen („Halt auf freier Strecke“), etwas Amos Kollek („Sue“): Sie standen Pate für den direkten Handkamerastil des 29-jährigen Nico Sommer („Stiller Frühling“), der mit Jump Cuts und Alltagsrealismus zwischen Doku und Fiktion agiert, Interviews einbaut und seiner Hauptfigur nie von der Seite weicht. Das tragikomisch gemeinte Portrait einer späten Emanzipation kommt Lina Wendel, die an diversen TV-Serien mitwirkte, emotional sehr nahe, auch wenn das proletarisch-geistlose Milieu einer prosaischen Welt jede Poesie vermissen lässt. Aber die drei Schlager von Gitte Hænning, so kitschig sie sein mögen, beschreiben treffend Silvis Gefühlszustände – das beste Stilmittel in einem sonst frugalen Film.
„Olympus Has Fallen“ als Buddy-Komödie mit Herz am rechten Fleck und, wegen teurer Effekte, satter Action fürs Familienpublikum.
Roland Emmerich, USA 2013
Kinostart: 05.09.2013
Story: Kriegsveteran John bewirbt sich gerade für den Secret Service, als einheimische Terroristen das Weiße Haus stürmen und Geiseln nehmen, darunter Johns kleine Tochter Emily. Sie haben es auf Präsident Sawyer abgesehen, der sich mit Johns Hilfe im Gebäude versteckt, bis ihn Verräter aus den eigenen Reihen ans Messer liefern.
Von Gnaghi
Der Plot ist der gleiche: „Die Hard“ im Weißen Haus mit Anleihen bei „Air Force One“. Statt so grimmig-brutal wie Antoine Fuquas xenophober Reißer zu marschieren, frönt Roland Emmerich beim Zerstören seiner Lieblingsimmobilie (siehe „Independence Day“) einer leidlich unterhaltsamen Mixtur aus Familienkitsch, Patriotismus und Pathos, bemüht Lincoln und uramerikanische Werte für ein manipulatives, edel glänzendes Starkino, das keinen Anhaltspunkt für seinen bösen Flop am US-Boxoffice liefert. Die Actionkomödie ist zumindest sympathischer als „Olympus Has Fallen“.
Visuell betörende „Metropolis“-Dystopie, in der ein Liebespaar Schwerkraft und Grenzen aufhebt.
Juan Solanas, CA/FR 2012
Kinostart: 22.08.2013
Story: Adam und Eden leben in gegensätzlichen Welten, die Kopf an Kopf grenzen. Als Jugendliche treffen sie sich heimlich auf schneeumtosten Berggipfeln, bis Scharfschützen der Polizei die Romanze brutal beenden. Jahre später trifft Adam sein Mädchen wieder. Doch die hat Amnesie, ist eine Büroetage und doch eine Welt von ihm entfernt.
Von Thorsten Krüger
Der Argentinier Juan Solanas bringt südamerikanischen magischen Realismus in eine kühlblau temperierte „Metropolis“-Dystopie, die man getrost als Ausbeutungs- und Apartheids-Metapher auf Industrienationen und Entwicklungsländer lesen kann: Romeo & Julia aus haarscharf aneinander grenzenden Planeten überwinden mit ihrer Liebe Schwerkraft und Verbote. Die visuell phantastische SciFi-Romanze in einer märchenhaften Dark City ist der wohl erste 3D-Film seit „Avatar“, bei dem raumtiefe Bilder wirklich Sinn machen und ein schwindelerregendes Erlebnis erzeugen, das einem buchstäblich den Kopf verdreht.