Archiv für den Monat: Oktober 2013
Last Vegas
Kinostart: 14.11.2013, DVD/BD-Start: 27.03.2014
Kein „Hangover“ mit Rentnern, sondern eine sentimentale Senioren-Party von Endsechzigern: Jon Turteltaub („Das Vermächtnis der Tempelritter“) unterstreicht wieder sein Talent für publikumsfreundliche Fun-Movies, die ohne derbe Zoten unterhalten. Viel Charme und Chemie vierer erstmals gemeinsam vor der Kamera stehender Hollywood-Oldies ergeben eine unverschämt witzige Romcom mit rührseligem Freundschafts-Drama.
45 Minuten bis Ramallah
Kinostart: 05.12.2013
Der iranischstämmige Regisseur Ali Samadi Ahadi beherrscht Politik (die erschütternde Iran-Demo-Niederschlagung „The Green Wave“) wie Komödie (den sympathischen Culture-Clash-Spaß „Salami Aleikum“) gleichermaßen. Wieso er in dieser witzlosen Deppen-Klamotte völlig versagt, ist eigentlich unbegreiflich. Die Story um zwei zankende palästinensische Brüder, die den Leichnam ihres Vaters aus Israel nach Ramallah überführen wollen und in einer absurden Odyssee in die Logik des Nahost-Konflikts hineingezogen werden, birgt schließlich einiges Potenzial.
Blue Jasmine
Kinostart: 07.11.2013, DVD/BD-Start: 14.03.2014 (digital bereits ab 07.03.2014)
Cate Blanchett, die Galadriel aus „Herr der Ringe“, leistet in furios-manischer Manier wieder einmal Oscarwürdiges als selbstzerstörerische Society-Lady, die als Luxus-Stadtneurotikerin ihr eigenes Leben und das anderer ruiniert, bis sie als Irre auf der Parkbank endet. Komisch zwar, und auch satirisch, vor allem aber tragisch entwickelt sich daraus ein gestandenes Psychodrama. Allens Euro-Sightseeingtour ist definitiv beendet.
Und ewig singen die Wälder
auf DVD erhältlich
Die in Norwegen entstandene österreichische Produktion von Paul May, der zuvor mit der Kasernenhof-Trilogie „08/15“ Erfolgsgeschichte schrieb, wurde mit über sieben Millionen Zuschauern zum kassenträchtigsten deutschsprachigen Hit 1960: Eine tragische Bauernsippe-vs-Adelsgeschlecht-Saga, die Seifenoperetten und Heile-Welt-Heimatfilme weit hinter sich lässt und ein urwüchsiges Melodram dichtet.
Parkland
DVD/BD-Start: 13.12.2013
A Nightmare on Elm Street: Zum bevorstehenden 50. Jahrestag des Kennedy-Attentats entstandenes Tatsachen-Drama in Trauerflor, das die unmittelbaren Folgen der Todesschüsse in der Elm Str. in einem bedrückten Ensemble-Drama aufschlüsselt. Peter Landesman, der die Story für „Trade – Willkommen in Amerika“ verfasste, adaptiert Vincent Bugliosis Buchvorlage mit einem halben Dutzend Charakterdarstellern.
Lovely Louise
Kinostart: 13.02.2014
Nach ihrem Krimiausflug „Tannöd“ widmet sich die Schweizer Regisseurin Bettina Oberli wieder der besta-Ager-Komödie wie ihr Überraschungserfolg „Die Herbstzeitlosen“, erneut mit Theater-Ikone Annemarie Düringer. Doch der Mischung aus heiterer Freudianischer Komödie und melancholischem Mutterkomplex-Drama hätten etwas mehr Pep und Gefühlsintensität nicht geschadet.
Fack ju Göhte
Kinostart: 07.11.2013, DVD/BD-Start: 08.05.2014
Bad Teacher: In der grellfarbigen Trash-Komödie um den PISA-Bildungsnotstand führt Bora Dagtekin seinen rabiaten „Türkisch für Anfänger“-Humor konsequent fort. Elyas M’Barek schleicht sich als frisch aus dem Knast entlassener Bankräuber als Lehrkraft getarnt in eine Gesamtschule ein, um an seine vergrabene Beute zu gelangen, über der nun eine Turnhalle steht. Der angepisste Asi mit Bushido-Vokabular gibt die geteert und gefederte Randale-Richtung vor, die aus Ekelhumor und Dauer-Obszönitäten besteht und mit derbem Gossenjargon durchaus witziges Wortgut aufweist, sonst aber extrem formelhaft gestrickt ist.
Die Wochenstarts vom 24.10.2013
Diese Woche neu im Kino
Mandela: Der lange Weg zur Freiheit
Kinostart: 30.01.2014, DVD/BD-Start: 13.08.2014
Bei der Raffung von 50 Jahren Lebensgeschichte nach Nelson Mandelas Autobiografie hat der Brite Justin Chadwick („Der älteste Schüler der Welt“) den Beititel zu wörtlich genommen: So bleibt man 150 lange und mitunter weilige Minuten mit diesem Film eingesperrt und sehnt sich nach Freiheit. Denn das Pathos-Epos will „großes Kino“ erzeugen und klappert doch nur sklavisch die Vita-Fixpunkte einer Symbolfigur ab.
Djeca – Die Kinder von Sarajewo
Kinostart: 07.11.2013, DVD/BD-Start: 22.08.2014
Unsichtbare Kriegsschäden prägen den Frieden in einer ungemütlichen Bestandsaufnahme zweier traumatisierter Waisen, die in einer Gesellschaft voll versteckter Gewalt und Aggression als Menschen zweiter Klasse andauernd um ihr Überleben kämpfen müssen. Aida Begic erzählt nach „Snow“ erneut aus weiblicher Sicht vom Schatten des Bosnienkrieges, diesmal nicht poetisch, sondern ungeschminkt, bedrückend, hart.
Carrie
Kinostart: 05.12.2013, DVD/BD-Start: 04.04.2014
Brian De Palmas Erstadaption von 1976 ist mir als einzige große Peinlichkeit in Erinnerung. Und ich habe mir ihn gestern nochmal angeschaut. Voyeuristische Weichzeichner-Regie, Dekor aus 70ies-Modesünden, unterkomplexe Story und Figuren. Ein Film, der trotz ausnehmend guter Darsteller schlecht gealtert ist – wie viel besser ist da bloß das Remake. (und hey, wie oft kann man das schon sagen?)
Escape Plan
Kinostart: 14.11.2013, DVD/BD-Start: 14.03.2014
Die beiden Action-Rentner Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger genehmigen sich in angemessen tumber 80er-Jahre-Manier als Ausbruchs-Duo einen expoitativen Testosteron-Thriller. Sly als Sicherheitsexperte, der im Selbstversuch von ihm konstruierte High-Tech-Gefängnisse auf ihre Ausbruchssicherheit testet und für die CIA als Terrorist getarnt ein Super-Zuchthaus prüfen soll. Ahnuld als Mithäftling, der mit ihm unter dem brutalen Mörderdirektor, der beide dort begraben will, versucht, die Lücke im perfekten System zu finden.
Captain Phillips
Kinostart: 14.11.2013, DVD/BD-Start: 14.03.2014
Sollten Sie je am Horn von Afrika von somalischen Piraten gekidnappt werden, sorgen Sie dafür, eine Greencard zu besitzen. Denn für US-Staatsbürger eilen die Navy Seals zu Ihrer Rettung. Andere Nationen täten das nicht. So ist es dem Frachtkapitän Richard Phillips vor vier Jahren ergangen und Paul Greengrass hat aus dessen wahrem Horrorerlebnis ein kinetisch-virtuoses Hochspannungswerk geschaffen.
Inside Wikileaks
Kinostart: 31.10.2013, DVD/BD-Start: 03.04.2014
Die Wahrheit? Es gibt nur Versionen. Bill Condon, der nach einigen banalen Beiträgen („Breaking Dawn“) mit Charakterkopf-Ensemble endlich wieder ein heißes Eisen anpackt, ist zu schlau für simplen Sensationismus. Seine Geschichte der Whistleblower-Webseite um den Scoop des Jahrhunderts ist ein ungemein packender Hacker- und Politthriller, der Geheimdienste entlarvt und mit Julian Assange abrechnet.
Ender’s Game
Kinostart: 24.10.2013, DVD/BD-Start: 06.03.2014
War Games: Gavin Hood („X-Men Origins: Wolverine“) verfilmt Orson Scott Cards im angelsächsischen Raum beliebten SF-Kultroman als Boot-Camp-Drama auf einer Raumstation, in der Kinder zu Killermaschinen abgerichtet werden, um einen galaktischen Krieg gegen eine vermeintlich aggressive Spezies zu gewinnen. Ein etwas schwerfälliger Ethik-Diskurs über Manipulation, Kriegsverbrechen und Militarismus.
Die Wochenstarts vom 17.10.2013
Diese Woche neu im Kino
Machete Kills
Kinostart: 19.12.2013, DVD/BD-Start: 30.04.2014
Was soll man über einen Film sagen, an dem die Trailer eingangs und ausgangs das Beste sind? Der zweite Auftritt des aus einem solchen Spaß-Reel in „Grindhouse“ geborenen Messer-Mexikaners hätte ein Festmahl werden können, wenn Robert Rodriguez („Sin City“) nicht mit großem Aufwand so lieblos versuchen würde, B-Movies, Gewalt-Trash und DTV-Actiongülle zu imitieren, aber dabei Szene für Szene versagt.
We Are What We Are
DVD/BD-Start: 13.12.2013
Das Remake von Jim Mickle, der mit geringstem Budget („Mulberry Street“) auf sich aufmerksam machte, hat kaum mehr etwas mit Jorge Graus gleichnamigen Original von 2010 gemein. Er ersetzt die mexikanische Morbidität, die schwül-schmutzigen Gossen und den nihilistischen Kommentar über urbane Armut durch ein sorgfältiges Arthaus-Hinterland-Drama über den Untergang einer Kannibalensippe.
Computer Chess
Kinostart: 07.11.2013
Einige Computerfreaks treffen sich Anfang der 80er Jahre zu einem Kongress, auf dem sie ein Schachturnier zwischen Mensch und Maschine austragen. Wer jetzt „Big Bang Theory“ mit Technikhumor aus nostalgischer PC-Steinzeit erwartet, kann einpacken. Indie-Filmer Andrew Bujalski („Beeswax“), ein Vertreter des Mumblecore, hat keine Komödie, sondern eine trockene Mockumentary hingelegt. Technisch perfekt vermittelt er den Doku-Anschein eines Amateur-Reports von dem Symposium, authentisch realisiert in Schwarzweiß, Homevideo, 4:3-Format, übersteuertem O-Ton, Rauschen und Nachzieheffekten alter Videotechnik.
Escape From Tomorrow
DVD/BD-Start: 19.03.2015
„Carnival of Souls“ in Disneyland? Wie Debütant Randy Moore eigene Ideen in Schwarzweißbilder gießt, ganz ohne offizielle Genehmigung der Vergnügungsparks, gebiert ein surreales Mind-Fuck-Movie der bizarren Art. Ist ein Besuch in Disneyland auch so schon ein Horrortrip, taumelt ein Familienvater hier vor halbdokumentarischer Handkamera durch einen wahren Alptraum, der gleichwohl nur bedingt überzeugt.
Party Invaders
DVD/BD-Start: 13.08.2014
Strange Days: Eine kleine Entdeckung ist dieses Ensemble-Drama, bei dem Jugendliche eine dekadente Party feiern und sich plötzlich mit mörderischen Doppelgängern konfrontiert sehen. Aus einem mysteriösen Szenario schält sich ein hoch-philosophischer Teen-Thriller, dem „Last House on the Left“-Remaker Dennis Iliadis in dieser wesentlich interessanteren Arbeit ein vielschichtiges Körperfresser-Vexierspiel abgewinnt.
Jackass: Bad Grandpa
Kinostart: 24.10.2013, DVD/BD-Start: 27.02.2014
Jackass goes Borat: Im sechsten „Jackass“-Auftritt schlüpft Knoxville mittels perfekter Maske in die Haut der aus der MTV-Show bekannten Kunstfigur Irving Zisman, um als Randale-Opa mit Enkel (tolle Entdeckung: Jackson Nicoll, „Fun Size“) Geschmacksgrenzen zu sprengen. So verschmilzt die Masochisten-Stuntshow mit dem „Borat“-Prinzip, um heimlich und wackelkamerafrei Zivilisten-Reaktionen mitzufilmen.
All Is Lost
Kinostart: 09.01.2014, DVD/BD-Start: 21.05.2014
Schiffbruch ohne Tiger, CGI, Kunstlicht und Effekthascherei: Robert Redford kollidiert als einsamer Skipper auf seinem Segelboot mitten im Indischen Ozean mit einem treibenden Schiffscontainer (voller Turnschuhe) – der Beginn einer zunehmend absurden Pechsträhne, an deren Ende er als Schiffbrüchiger auf einer Rettungsinsel treibt. „Margin Call“-Regisseur J. C. Chandor entwickelt sehr realistisch, subtil und nüchtern eher eine Ein-Mann-Charakter- und Verhaltensstudie, als einen dauerhaft involvierenden Survival-Thriller.