Kinostart: 25.07.2013, DVD/BD-Start: 05.03.2014
Der Gewinner des Europäischen Filmpreises 2013 trägt seine Krone zurecht: Die Hommage an Federico Fellini, speziell „Das süße Leben“, aber auch an Rom und Italien, ist ein atemberaubendes, reines Kunstwerk mit einem grandiosen Toni Servillo („Il Divo“) auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Ein melancholisch-bewegendes Gesellschafts-Panorama, das einen zum Lachen, Weinen, Träumen und Nachdenken bringt.
Diese imaginäre Reise durch Leben und Tod mokiert sich ironisch über die Parade der Eitelkeiten, rast mit berauschenden Kamerafahrten durch ein Bunga-Bunga-Panopitkum sich zu Tode Amüsierender. Poeten, Verrückte, Verstaubte und Kulturschwafler reden um nichts, mitten darin der stets elegante Gentleman-Misanthrop Jep, den plötzlich der Wunsch zu verschwinden ergreift, weil ihn die unerträgliche Leichtigkeit des Seins anwidert.
Sorrentino fasziniert sowohl der Trubel als auch die Andacht des Moments, zu magisch-phantastischer Musikauslese entdeckt er Konzeptkunst, sakrale Versunkenheit, Ikonen und Performatives, ausgestaltet wie von Pasolini. Sein Füllhorn wohlausgestreckter Stilmittel bietet zudem Meditation in bildender Kunst wie kontemplatives Flanieren gleichermaßen. So hätte wohl Flaubert sein Buch über das Nichts verfasst.
Wie alle wahren italienischen Filme seit „Don Camillo“ bilden Katholizismus und Kommunismus gegensätzliche Pole, ein Grundgerüst, zwischen dem Kunst und Krempel, Sex und Einsamkeit, Männer und Frauen ergiebigen Gesprächsstoff liefern. Aber es gibt so viele Enttäuschte, die wie Jep leiden, ohne zu wissen woran, und ihren Proustschen Erinnerungen nachjagen. Daraus erwächst ein Meisterwerk in vielen Etappen.
Von seinem Penthouse an der Colosseum-Ruine, vom Atem der Jahrhunderte und Klerikalchorälen begleitet, beginnt Jep seine Pilgerreise durch die Ewige Stadt zu den Partybässen der Amüsierclubs – eine Reise zu sich selbst. Er begegnet Heiligen und Huren, aber von niemanden lernt dieser gefallene Engel das Geheimnis, das er so sehnlich sucht. Dabei umgibt es diesen Film selbst wie eine strahlende Aureole.
In diesen komischen, traurigen, bewegenden, betörenden, belustigenden und befremdlichen Episoden findet die Regie das Erhabene im Profanen und lässt doch offen, ob nicht alles nur ein Trick, ein Schwindel, die Täuschung eines Magiers ist. Die von Dietl, Lynch und Buñuel beeinflusste, tiefgründige Reflexion eines Playboys über die Oberflächlichkeit seines Daseins qualifiziert sich zum „la dolce vita“ fürs 21. Jahrhundert.
Die Suche nach der „großen Schönheit“, sie ist ein großer Genuss.