DVD/BD-Start: 06.11.2014
Umberot Lenzis „Eaten Alive“ stand zuletzt doppelt Pate – einmal für Eli Roth, Gefährte und Förderer (und in diesem Fall Produzent) der Horror-Hoffnung Ti West. Wo Roth mit „The Green Inferno“ den Kannibalenaspekt des berüchtigten Billig-Exploiters betont, orientiert sich sein Protégé an dem Horror der Selbstmord-Sekte, was schon seinerzeit auf dem Massenmord des Sektengurus Jim Jones 1978 in Guyana basierte.
Nach Pseudo-Doku-Art eines „[Rec]“ erzählt West diese Tragödie bis ins Detail (Abriegelung, Lautsprechersystem, Anrede als „Father“) nach, überraschungslos, aber anständig exekutiert, wegen der Profis des (echten) Hipster-Magazins VICE, die eine weitere reißerische Reportage drehen wollen, weitgehend wackelfrei. Jedoch lange nicht so stimmungsvoll wie in seinen Vorgängern „The House of the Devil“ und „The Innkeepers“.
Die fielen deutlich atmosphärischer aus (und verfügten über Ironie), auch wenn die recht nüchterne Darstellung in gebleichten Bildern auf den Killing Fields einigermaßen gespenstisch ist. Wenn 167 Mitglieder Gift schlucken (bei Jones waren es über 900) und die Besucher mit der AK-47 durch den Wald gejagt werden, nimmt man keinem ab, dabei noch die Kamera zu schultern. Infolgedessen wirkt das Finale gefälscht und konstruiert.
Solide Kost mit diesseitigem Schrecken ist das allemal, aber nicht sonderlich immersiv und aufregend, auch weil das Mock-Konzept so überreizt ist. Die Utopie eines technikfreien Amish-Paradieses (hier heißen sie Parish, zu deutsch: Kirchengemeinde), von einem charismatischen Meister verteidigt, hat echten Appeal. Die Schattenseiten von Totalitarimus, Gehirnwäsche und Massaker sind indes schlicht minutiös absehbar.