Verräter wie wir

Stellan Skarsgård und Ewan McGregor überzeugen menschlich in einer John-le-Carré-Adaption mit starker emotionaler Suspense

Verraeter wie wir Cover

Our Kind of Traitor, Susanna White, GB/F 2016
Kinostart: 07.07.2016
Story: Dima, Geldwäscher Nr. 1 für die Russenmafia, muss aus gutem Grund um das Leben seiner Familie fürchten und nutzt in Marrakesch die Zufallsbekanntschaft mit Lyrik-Dozent Perry, um mit dem britischen Geheimdienst MI5 einen Asyl-Deal einzufädeln. Als der scheitert, entschließt sich Perry zu helfen.
Von Jochen Plinganz

Die seit der Jahrtausendwende bereits fünfte Adaption eines Spionageromans von Altmeister John le Carré sitzt nicht mehr so unentschlossen zwischen den Stühlen wie zuletzt „A Most Wanted Man“, sondern findet unter Verzicht auf Action-Standards zu einem Thriller, der personell und emotional so gut funktioniert, dass es sich bei „Verräter wie wir“ um die wohl beste Verfilmung von le Carrés Post-Kalten-Kriegs-Werk handelt.

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Findet Dorie

Finding Dory Cover

Finding Dory, Andrew Stanton, Angus MacLane, USA 2016
Kinostart: 29.09.2016
Heimkinostart: 16.02.2017

Die späte Fortsetzung des Pixar-Hits „Findet Nemo“ von 2003 reduziert den Clownfisch und Vater Marlin zu Begleitern des einstigen Sidekicks Dorie. Original-Regisseur Andrew Stanton, der danach den großartigen „Wall-E“ schuf, schenkt in erneuter Kooperation mit dem erfahrenen Pixar-Animateur Angus MacLane („Toy Story 3“) dem blauen Doktorfisch mit Kurzzeitgedächtnisverlust ein für Erwachsene tränenreiches und für Kinder wohltuend gefahrloses Spaß-Abenteuer. „Findet Dorie“ ist in der Tat unvergesslich.

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Julieta

Leblose Rückblenden-Revue von Pedro Almodóvars gesammelter Motivik – nur der gediegene Stil kann sich sehen lassen

Julieta Cover

Pedro Almodóvar, E 2016
Kinostart: 04.08.2016, DVD/BD-Start: 05.12.2016
Story: Eigentlich will Julieta Madrid verlassen, um zu ihrem Lebensgefährten Lorenzo nach Portugal zu ziehen, da konfrontiert sie eine Zufallsbegegnung mit der Spur ihrer verschollenen Tochter Antía, die bereits drei Kinder hat. Julieta begibt sich auf die Suche nach ihr und ihrer schmerzvollen Vergangenheit.
Von Caroline Lin

Der iberische Regiemeister Pedro Almodóvar kehrt auf das Terrain von „Sprich mit ihr“ und „Volver“ zurück und adaptiert für „Julieta“ drei Kurzgeschichten der kanadischen Literaturnobelpreisträgerin Alice Munro. Das muss man toll finden. In Ehrfurcht erstarren. Den Regisseur für die Goldene Palme nominieren. Bloß nicht! Hier gibt es nur Gemächliches für ältere Herrschaften wie die Cannes-Jury. Ohne einen Funken Leben.

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The Conjuring 2

Grauen & Gefühl: James Wan beweist auch in der Fortsetzung, dass sein Geisterjägerpärchen hochklassig Angst einjagen kann

The Conjuring 2 Cover

James Wan, USA 2016
Kinostart: 16.06.2016
Story: Gerade erst haben Ed und Lorraine Warren den Poltergeist in Amityville vertrieben, da ruft man sie herbei, um die heimgesuchten Hodgsons und ihre Kinder 1977 vor einem Spuk im Nordlondoner Stadtbezirk Enfield zu befreien. Als sie die Manifestationen stellen, muss Lorraine zurecht Angst um Ed haben.
Von Gnaghi

Die Befreiung der Familie Lutz im „Amityville Horror“ von 1976 (unter gleichem Titel 1979 verfilmt, nebst acht Fortsetzungen und Remake) machte das Pärchen Ed und Lorraine Warren über Nacht zu weltbekannte Dämonologen. Ihrem Wirken setzte „Saw“-Kerkermeister James Wan („Fast & Furious 7“) 2013 ein würdiges Denkmal. Und das Sequel zu seinem Hit, einem der stärksten Horrorfilme der letzten zehn Jahre, hält dessen Niveau.

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Toni Erdmann

Wo der Spaß aufhört: Das groteske, realsatirische, tragikomische Vater-Tochter-Duell ist ein Glücksgriff fürs (deutsche) Kino

Toni Erdmann Cover

Maren Ade, D/A 2016
Kinostart: 14.07.2016
Story: Nachdem sein geliebter Hund das Zeitliche gesegnet hat, reist Winfried spontan nach Bukarest, um seine Tochter zu besuchen. Die Unternehmensberaterin lässt ihn eiskalt abblitzen, woraufhin Winfried mit Überbiss und Perücke als Toni Erdmann aufkreuzt und ihr unentwegt auf den Pelz rückt.
Von Thorsten Krüger

Der beste Film, der nie die Goldene Palme in Cannes gewann: Nach respektablen Titeln wie „Alle anderen“ deutete wenig daraufhin, dass Maren Ades dritter Film so ein Meisterwerk werden könnte. Aber „Toni Erdmann“ ist ein einmaliger Glücksgriff. Grotesk und tragikomisch entspinnt sich ein 162-minütiges Vater-Tochter-Duell zwischen Alt-68er und Arbeitsplatzvernichterin um (Menschen)Würde, Selbstliebe und Kapitalismus.

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The Neon Demon

The Neon Demon Cover

Nicolas Winding Refn, F/USA/DK 2016
Kinostart: 23.06.2016

Nach „Valhalla Rising“ dachte ich, der dänische Regiestilist hätte Genie und Geschmack, nach dem Konsenshit „Drive“ glaubten das alle. Nach „Only God Forgives“ und „The Neon Demon“ sollte jedem klar sein, dass NWR, wie sich der seiner eigenen Coolness Verfallene im Vorspann nennt, weder noch hat. Sondern als Kiddie nur zu oft in der Disco abhing, weshalb er um ein hübsches junges Landei, das in L.A. Karriere als Model macht und an eine misanthropische Szene-Clique gerät, nur eine nichtssagende, substanzlos-selbstverliebte Schwelgerei eines vollendeten Narziss errichtet.

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