Die Vermessung der Welt als Hybris des weißen Mannes: biografisches Forscherportrait, wohltuend frei von Abenteuer-Modernismen
The Lost City of Z, James Gray, USA 2016
Kinostart: 30.03.2017
Story: 1906 bricht der britische Colonel Percival Fawcett in den Amazonas auf – die letzte Chance für ihn und seine Frau Nina auf gesellschaftlichen Aufstieg. Mehrfach kehrt er in die grüne Hölle zurück und vernachlässigt seine Familie, findet jedoch nie jene versunkene Hochkultur, der er Zeit seines Lebens nachjagt.
Von Sir Real
Realismus statt Eskapismus lautet die Devise, mit der James Gray seinen New Yorker Gangsterhinterhof („The Yards“) verlässt und sich nach dem großartigen Melodram „The Immigrant“ einem weiteren historischen Stoff andient, der zu überzeugen weiß. Das ist im besten Sinne altmodisches Charakterdrama, Lebenslauf-Porträt und klassisches Abenteuer, eine faktennahe Entdeckung der Langsamkeit anstelle von Hollywood-Hektik.
Als simples B-Movie hätte man „Life“ wohl geschluckt, mit dem der aus Schweden stammende Thriller-Regisseur Daniel Espinosa seine bisherige Dutzendware „Safe House“ und „Kind 44“ um einen weiteren belanglosen, streckenweise spannenden Eintrag ergänzt. Wenn nur die hochtrabenden philosophischen Anwandlungen über die Genese von Leben und Evolution nicht wären, schlecht abgeschaut bei Terrence Malicks „The Tree of Life“. Sie bleiben ein Fremdkörper – diese „nachdenklichen“ Abschnitte wirken so unbeholfen, dass es einen graust. Zumal einem die Charaktere egal sind.
Die letzte Kaiserin: die tragische Lebensgeschichte von einer ohnmächtigen Thronerbin als herzzerreißendes Melodram
Deokhyeongju, Hur Jin-ho, ROK 2016
ohne deutschen Start
Story: 1919. Nachdem sie den Giftmord an ihrem Vater, dem Kaiser von Korea, erlebt hat, wird die letzte Prinzessin Deuk-hye von Kollaborateur Han mit 13 Jahren ins japanische Exil verbannt, während die Besatzer ihr Land versklaven. Alle Befreiungsversuche und Aufstände schlagen fehl, Deuk-hye bleib gefangen.
Von Caroline Lin
Nach Kwon Bi-youngs Bestseller „Princess Deokhye“ ergreift Romantik-Spezialist Hur Jin-ho („Christmas in August“) mit einer schmerzvollen Phase der koreanischen Landeshistorie und spannt sein bewegendes Porträt eines Leidenswegs von 1919 bis 1968. Naturgemäß liegt Hurs Fokus am (moderat) romantischen, aber auch am (nie negativ auffallenden) patriotischen Zentrum. „The Last Princess“ bedient gleich zwei elementare Sehnsüchte.
Ein Film wie ein offener Knochenbruch: Martial-Arts-Star Iko Uwais hämmert los und löscht das Actionfeuer mit Romantik
Kimo Stamboel, Timo Tjahjanto, RI 2016
DVD/BD-Start: 08.06.2017
Story: Mit einer Kugel im Kopf und Amnesie erwacht Ishmael im Krankenhaus und wird von der fürsorglichen jungen Ärztin Ailin gesund gepflegt. Die dafür in Geiselhaft genommen wird, denn Ishmael gehört zum eigens gezüchteten Killerkommando des irren Gangsters Lee, der mit ihm eine Rechnung offen hat.
Von Max Renn
Weil das, was Hollywood Action nennt, nur Hustensaft von Pussys für Pussys ist, konnte Gareth Evans hartgesottener „The Raid“ ein lange verwaistes Segment revitalisieren – das des beinharten (und beilharten) Nahkampfkrachers. Dreckig-Ästhetik, Dynamik und Hyper-Brutalität von Evans Hit rahmen in „Headshot“ einen Killer-ohne-Identität-Plot à la „Jason Bourne“ ein, der mit aller Gewalt die Befreiung durch Liebe durchsetzt.
Alles nur geklaut: Das Faszinosum des Amerikanischen Traums in aller Ambivalenz, Energie und den Schattenseiten am Beispiel von McDonald’s
John Lee Hancock, USA 2016
Kinostart: 20.04.2017
Story: Als der erfolglose Multi-Mix-Vertreter Ray Kroc 1954 in Kalifornien auf das Fast-Food-Restaurant der Gebrüder McDonalds stößt, wittert er seine Chance: Er will das revolutionäre Konzept als Franchise über ganz Amerika ausbreiten, beißt sich an den Brüdern aber die Zähne aus – bis er sie rücksichtslos ausbootet.
Von David McAllan
Was ist eigentlich der Amerikanische Traum? „The Founder“ gibt Antworten, die die Mär vom Tellerwäscher zum Millionär konstruieren und zugleich dekonstruieren: Der Texaner John Lee Hancock („Saving Mr. Banks“, „Blind Side“) zeigt nach einer Vorlage von „Turbo“-Autor Robert Siegel die positiven wie die negativen Seiten des Erfolgs als Geschichte einer Ideologie, bei der die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt.