Kinostart: 27.07.2017
Wenn Christopher Nolan sich eines Themas annimmt, kann man inzwischen sicher sein, dass es einer der Filme des Jahres wird. Der Regisseur von „Inception“ und „Interstellar“ geht ganz puristisch und erzählerisch minimalistisch vor, widmet sich ausschließlich dem Überleben in einer ausweglosen Lage, ganz ohne Hintergrund und die üblichen Genre-Elemente, um damit einen maximalen Effekt zu erzielen: reine Spannung.
Sein auf 70mm gedrehter „Dunkirk“ lässt das Wort Nazi nie fallen. Der Feind bleibt gesichtslos. Nolan nutzt drei parallele, aber asynchron laufende Plotstränge, bricht ihre Chronologie auf, um sie dramaturgisch zu unfassbar langen und brillanten Suspense-Crescendos zu verdichten. Er spart sich beinahe jede heroische Geste, lässt die Fanfaren daheim und zeigt nur Ausweglosigkeit in Überlebens-Action, die das Blut gefrieren lässt.
„All we did is survive“: Das wolkenverhangene Blaugraubraun von „Dunkirk“ zeigt eine Niederlage, an deren Ende ein Hoffnungsschimmer steht, bei dem selbst Churchills Never-Surrender-Rede nichts Glorioses verbreitet. So prosaisch, schutzlos, Elementen und sporadischen Stuka-Angriffen ausgeliefert sah man eine Armee selten. Überspitzt gesagt: Nolan gibt dem Kriegsfilm die Würde zurück, die ihm Spielberg nahm.
„Seeing home doesn’t help us get there“: In gespenstischer Beklemmung versucht der blutjunge Fußsoldat Tommy (ein unbeschriebenes Blatt: Fionn Whitehead) mit einem namenlosen Franzosen aus der Geisterstadt und dem Todesstrand zu entkommen, aber egal welche verzweifelte Tricks sie sich einfallen lassen, es ist wie verhext und sie landen immer wieder auf der düsteren Sandebene. Das zeitigt die erschütterndsten Momente.
Etwas mehr Zuversicht verbreiten die beiden Erzählstränge um den Patrioten Dawson (Mark Rylance), der auf seiner Yacht über den Kanal setzt, sowie Spitfire-Pilot Farrier (Tom Hardy), der sich Luftkämpfe mit Deutschen liefert. Mal aus der Vogelperspektive, mal auf Augenhöhe öffnet sich ein Panorama des Sterbens und Bangens, vom Ertrinken in torpedierten Schiffsbäuchen bis hin zu Bombenangriffen auf überfüllten Hafenpiers.
Auf den seit „Der Soldat James Ryan“ üblichen hyperrealistischen Splatter verzichtet „Dunkirk“ ganz. Mit oscarreifem Tondesign und dem Ticktack von Hans Zimmers Score nutzt Nolan fulminant sämtliche Regiekniffe, um Suspense zu erzeugen, um nervenzehrend Panikorte auszuloten. Dies kennt keine Verschnaufpause oder Sicherheit, nur Thrill und Pyrrhussiege ohne Heldengestus. Mit einer ausschließlich britischen Besetzung.
imdb ofdb