Kinostart: 30.08.2018
Der für Modernismen stets offene Timur Bekmambetow („Wächter der Nacht“, „Hardcore“) produzierte den Indie-Thriller „Searching“, der in Sundance dieses Jahr mit dem Zuschauer- und Nachwuchspreis ausgezeichnet wurde. Er verbindet die Perspektive von Computer-Desktops mit einer geradezu sensationell einfühlsamen Inszenierung, die sich nach und nach zum nervenzehrenden Thriller auswächst – mit zwei Twists zu viel.
Bereits „Unknown User“ oder „Open Windows“ spielten aus exklusiver Perspektive von PC-Bildschirmen, doch erst Debütant Aneesh Chaganty reizt das Potenzial dieser Medienvielfalt vorzüglich aus, um anfangs im Schnelldurchlauf eine Kindheit und (tragische) Familiengeschichte zu erzählen, dabei eine ganze Menge Empathie zu evozieren. Und John Cho, der Sulu aus dem „Star Trek“-Reboot, zeigt, wie gut er das alles übertragen kann.
Im Drag&Drop-Stil filtert „Searching“ clever zunächst Erinnerungen und Trauer, dann schleichen sich Unbehagen, Fragen und mit einem subtilen Mystery-Score unterlegte Spannung ein. Sobald David herausfindet, dass seine heranwachsende Tochter so manches Geheimnis vor ihm hatte, desto mehr wird ihm klar, wie wenig er über sein Kind weiß, bzw. sie kennt. Maximal authentisch sucht er verzweifelt nach ihren Spuren im Internet.
„I didn‘t know my daughter“: Er findet – fast nichts. Aber das, worauf er stößt, lässt seine Fantasie Amok laufen. Chaganty bietet fröstelnd und kühn den schlimmsten Alptraum von Eltern auf, bedient eine perfekte Emo-Dramaturgie, die schließlich zu hollywoodesk am Ende Klischees, Kitsch und unglaubwürdige Wendungen präsentiert, mit denen sich der patente Suspense-Hit selbst die Tour vermasselt – ähnlich wie jüngst „Sicario 2“.
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