Marrowbone

Der Mix aus Goth-Chiller und Geschwisterdrama des „Waisenhaus“-Autoren offenbart die Schwierigkeit psychologisch stimmiger Enthüllungen

Marrowbone Cover

aka Das Geheimnis von Marrowbone, Sergio G. Sánchez, E 2017
DVD/BD-Start: 26.10.2018
Story: 1969 flüchtet Rose mit ihren vier Kindern vor einem brutalen Ehemann in das einsame Marrowbone-Anwesen. Als sie verstirbt, gelobt ihr ältester Sohn Jack, sich und die Geschwister zu verstecken, bis er 21 ist. Jedoch sind sie nicht allein in dem baufälligen Landhaus, beäugt von einem gierigen Anwalt.
Von Thorsten Krüger

Für J.A. Bayona, der inzwischen nach Hollywood migriert ist („Jurassic World 2“), schrieb Sergio G. Sánchez 2007 den Horrorhit „Das Waisenhaus“ und 2012 die Tsunami-Tragödie „The Impossible“, wofür Bayona nun als Produzent Sánchez‘ Regiedebüt „Marrowbone“ ermöglicht. Der kombiniert übernatürliche Bedrohungen eines Spukhauses mit einem psychologisch austarierten Geschwisterdrama mit zufriedenstellend (tragischer) Wende.

Wie bereits in „Das Waisenhaus“ setzt Sánchez nicht auf effektzentrierte Schock-Massen Marke Blumhouse („Insidious“), sondern gediegenen Gothic-Grusel, viktorianische Ghost Stories à la Shirley Jackson oder Henry James mit allen typischen Ingredienzen. In einem blassen Düster-Look breitet er ohne jede Eile eine sorgfältig komponierte Mystery aus, die zwischen Geistern und den Traumata der Psyche Spannung aufbaut.

„The Innocentcs“-Atmosphäre

Flucht vor Erinnerungen, der Schatten eines gewalttätigen Vaters, ein Liebesdreieck mit viel Eifersucht, Geldnot und -gier, Erpressung und Fälschung ergeben dann vielleicht ein paar Themen und Subplots zu viel. „Marrowbone“ ist weder so genial noch so schlüssig wie „The 6th Sense“, erzählerisch ein nicht immer logisch einleuchtendes Gewirr mit über Gebühr vertrackten Wendungen, die aber dennoch emotional wirksam ablaufen.

Das historische Landhaus-Pastiche, die „The Innocentcs“-Atmosphäre, die Isolation und eine Riege Nachwuchsdarsteller können indes problemlos punkten. George MacKay aus „Captain Fantastic“, die gerade durchstartende Anya Taylor-Joy („Split“, „Vollblüter“), „Stranger Things“-Jonathan Charlie Heaton und Mia Goth („A Cure For Wellness“) versammeln zukünftige Starpower zu einem schönen und (moderat) bewegendem Ende.

Stimmung und Story statt Gimmicks

Mit dieser Besetzung spielt der für den internationalen Markt entstandene „Marrowbone“ folgerichtig auf Englisch, zumal er ein vergangenes Amerika abbildet, wenngleich in Asturien und Katalonien gedreht wurde. Mag die Wende auch nicht so originell ausfallen wie beabsichtigt, Sánchez setzt auf Stimmung und Story statt simple Gimmicks – da kann in den nächsten Jahren hoffentlich noch einiges Niveauvolles folgen.

imdb ofdb

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