Kinostart: 24.01.2019
Steifes Kostümdrama? Nicht mit Yorgos Lanthimos, der als neuer Arthaus-Anarcho gilt, und einen tatsächlichen historischen Kontext als Basis für eine exquisite Hof-Satire nimmt. „The Favourite“ tritt biestig, boshaft, bissig und bizarr auf, als träfen sich „King George – Ein Königreich für mehr Verstand“ und „Barry Lyndon“ zur Hof(narren)-Sottise, bei der drei Aktricen mit exzellenten Auftritten das Allzumenschliche illustrieren.
Shakespeare pervers: Mit Fischaugeoptik entwirft der Mann aus Athen ein groteskes, dennoch nachvollziehbar realitätsnahes Zerrbild jener Tage; Historienkino, das sehr aktuell von den Machtstrukturen erzählt, an einem Königshof, der einem Haifischbecken voller niederer Beweggründe gleicht – ein Pfuhl an Sexualität, Grausamkeiten, Idiotie. Lanthimos ergötzt sich an abartigen Absurditäten in 50 Schattierungen. Mindestens.
Visuell wie thematisch schwarz grundiert handelt „The Favourite“ eine fragile weibliche Dreierkonstellation ab. Da ist einerseits eine imbezile Königin (Olivia Colman, die in „The Crown“ Elizabeth II. spielte, als moribunde Majestät), um deren Kontrolle sich zwei Giftschlangen einen Zickenkrieg deluxe liefern. Im Intrigen-Poker schenken sich Emma Stone („La La Land“) und Rachel Weisz („Ewige Jugend“) definitiv nichts.
Herzen sind Räuberhöhlen: Nach all seinen anstrengenden, empathielosen Arthaus-Torturen, zuletzt „The Killing of a Sacred Deer“, findet Lanthimos nun zu einen leichten, zugänglichen, und gleichzeitig tiefsinnigeren, humaneren Tonfall, gerade bei seinen drei facettenreichen, glaubwürdigen Figuren, die er nicht vorführt, sondern als Menschen zeigt. Das macht das Dekadenz-Delirium „The Favourite“ auch bei den Oscars zum Favoriten.
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