Ein Senior auf Abwegen: satirisch-komisches Thrillerdrama, in dem Clint Eastwood ein superbes (Rückbesinnungs-)Melodram findet
Clint Eastwood, USA 2018
Kinostart: 31.01.2019
Story: Für seine Lilienzucht hat Koreakriegsveteran Earl Frau und Tochter verlassen. Als sein Besitz verpfändet wird, fängt der bald 90-Jährige an, für Drogenkartelle Kokain quer durch die USA zu fahren. Er saniert sich, nimmt Kontakt zur Familie auf, aber DEA-Agent Colin fahndet bereits nach dem unbekannten Kurier.
Von David McAllan
Mit dem von einem Artikel der New York Times inspirierten „The Mule“ legt Hollywood-Legende und knorriger Republikaner (und Trump-Gegner) Clint Eastwood ein hervorragendes Alterswerk vor. Der beste Film des 88-Jährigen seit langem schlägt trotz aller satirisch-trockenen Komik nie den leicht(fertig)en Ton von „Ein Gauner & Gentleman“ an, sondern findet durch das Spiel mit dem Feuer zur berührenden Familienaussöhnung.
Ergreifendes Road Movie, das mit fabelhaften Darstellern komisch wie tragisch erzählt, wie Rassismus zwei ziemlich beste Freunde formt
aka Green Book – Eine besondere Freundschaft, Peter Farrelly, USA 2018
Kinostart: 31.01.2019
Story: Als der italienischstämmige Rausschmeißer Tony dringend einen Job sucht, dient er sich 1962 als Fahrer dem schwarzen Klassikpianisten Don an, der eine Konzertreise durch die US-Südstaaten plant. Auf der Fahrt durch ein rassistisches Land freunden sich der Prolet aus der Bronx und der kultivierte Künstler an.
Von Thorsten Krüger
Peter Farrelly, sonst mit seinem Bruder Bobby für derbe Bad-Taste-Komödien wie „Verrückt nach Mary“ und „Dumm und dümmer“ geradezu berüchtigt, wagt bei seiner Solo-Regie eine Kursänderung und legt mit „Green Book“ ein ergreifendes Road Movie vor, das mit Feel Good alle Herzen für sich gewinnt, aber die Augen nicht vor Rassismus, Diskriminierung und Vorurteilen verschließt. Komisch wie dramatisch erstklassig.
Irrsinn? Aber ja. Mit Methode! Bös-bissiges Spitting Image eines menschlich grausamen Intrigen-Pokers mit drei exzellenten Aktricen
aka The Favourite – Intrigen und Irrsinn, Yorgos Lanthimos, IRL/GB/USA 2018
Kinostart: 24.01.2019
Story: England im frühen 18. Jahrhundert. Für die unfähige und sieche Königin Anne führt de facto ihre Jugendfreundin Sarah Churchill heimlich die Regierungsgeschäfte und einen Krieg gegen Frankreich. Dieses Machtgefüge verschiebt die neue Zofe Abigail, die sich treuherzig die Gunst der Regentin erwirbt.
Von David McAllan
Steifes Kostümdrama? Nicht mit Yorgos Lanthimos, der als neuer Arthaus-Anarcho gilt, und einen tatsächlichen historischen Kontext als Basis für eine exquisite Hof-Satire nimmt. „The Favourite“ tritt biestig, boshaft, bissig und bizarr auf, als träfen sich „King George – Ein Königreich für mehr Verstand“ und „Barry Lyndon“ zur Hof(narren)-Sottise, bei der drei Aktricen mit exzellenten Auftritten das Allzumenschliche illustrieren.
aka Keepers – Die Leuchtturmwärter, Keepers, aka The Vanishing, Kristoffer Nyholm, GB 2018
DVD/BD-Start: 25.01.2019
Das Flannan Isle Mystery (bei uns als das Rätsel von Eilean Mòr bekannt), bei dem im Jahr 1900 drei Leuchtturmwärter vor der Küste Schottlands spurlos verschwanden, diente bereits als Inspiration für einen Genesis-Song, eine Oper, eine „Doctor Who“-Folge und nun auch für das Spielfilmdebüt des dänischstämmigen TV-Regisseurs Kristoffer Nyholm, der sich an seiner Erfolgsserie „Taboo“ orientiert und mit „Keepers“ wieder Düster-Historisches auflegt, das sich sowohl als brodelnder Thriller wie auch als menschliches Drama auszeichnet.
Alfonso Cuarón, MEX/USA 2018
Streamingstart: 14.12.2018
Seit dem Goldenen Löwen in Venedig gilt „Roma“, das autobiografische Drama von Alfonso Cuarón („Gravity“), als das Arthaus-Ereignis des Jahres und nicht zuletzt Oscarhoffnung 2019. Die in luziden Schwarzweiß-Tableaus vorgetragene Ode an das Hausmädchen Cleo (wie alle Darsteller unbekannt: Yalitza Aparicio) wächst sich alsbald zu einer Verbeugung vor (zwei) Frauen aus, und gewinnt aus seinen Alltagsszenen in einer Mittelklassefamilie aus Mexiko City der frühen 70er Jahre nicht nur ein Familienportrait, sondern auch das einer Gesellschaft und Zeit.
Story: Das Mädchen Chun aus einem magischen Zwischenreich soll an ihrem 17. Geburtstag in Gestalt eines roten Delfins für sieben Tage die Welt der Menschen erkunden. Als Fischerjunge Kun sie dort vor dem Tod rettet, dabei aber selbst ertrinkt, geht Chun einen folgenschweren Pakt mit dem Seelensammler ein.
Von Caroline Lin
Der schönste Film, den Japans Anime-Legende Hayao Miyazakinicht selbst gedreht hat, kommt aus China und heißt „Big Fish & Begonia“. In seiner Heimat lief er bereits vor zwei Jahren erfolgreich in den Kinos und mixt für westliche Sehgewohnheiten nicht ganz einfach chinesische Mythen und Sagen mit zeitgenössischer Fantasy, 2D-Trick und 3D-Animation zu einem Coming-of-Age-Abenteuer, das tränenreich melodramatisch auftrumpft.
Story: Als ein Chicagoer Banditentrio beim Millionencoup im Gefecht mit der Polizei stirbt, fordert der bestohlene Gangsterboss das Geld von den Witwen der Toten ein. Mit dem Mut der Verzweiflung planen Veronica, Alice und Linda einen Raubzug, doch die Chancen der um ihr Leben Betrogenen stehen schlecht.
Von David McAllan
„12 Years a Slave“-Regisseur Steve McQueen stellt mit „Widows“ so etwas wie die ernsthafte Oscar-Alternative zur hirnweichen Caper-Comedy „Ocean’s Eight“ vor. Großartige Darsteller bis in kleinste Nebenrollen, Vielschichtigkeit, ein cleveres Lavieren am Schnittpunkt zwischen Genre-Thriller und Charakterstudie, Milieudrama, Politkommentar und Frauenfilm – trotzdem ist das Resultat nicht mehr als die Summe seiner Teile.
Endzeit als Gedankenexperiment: Ulrich Köhlers außerordentliches Überraschungspaket entzieht sich klug allen Kategorisierungen
Ulrich Köhler, D/I 2018
Kinostart: 08.11.2018
Story: Als freier Kameramann hat Armin einen Job versiebt, worauf eine Negativserie folgt, die für den nicht mehr ganz jungen Herumhänger im Tod seiner Großmutter endet. Als er frustriert und verkatert tags darauf aufwacht, sind alle Menschen spurlos verschwunden. Armin ist völlig allein auf der Welt. Was nun?
Von Thorsten Krüger
Dass Ulrich Köhler der Lebensgefährte von Maren Ade („Toni Erdmann“) ist, merkt man „In My Room“ am ehesten der lakonischen Tragikomik an, mit der sich im minimalistischen Modus der Berliner Schule zunächst das nicht zukunftsfähige Lebenskonzept eines desorientierten Verweigerers entfaltet. In diese dokumentarische Lebensnähe funkt die Apokalypse, die ihn zum radikalen Neuanfang in einer menschenleeren Welt nötigt.
Das spät mitreißende Biopic des Queen-Sängers – Rami Malek brilliert als Rampensau – elektrisiert auch musikalisch als Rock-Konzertfilm
Bryan Singer, GB/USA 2018
Kinostart: 31.10.2018
Story: 1970 stößt der schüchterne Farrokh Bulsara zu den Londoner Hinterhofrockern Smile, tauft sie in Queen um und nennt sich Freddie Mercury. Gemeinsam gelingt ihnen der Durchbruch, doch der bisexuelle Freddie zerstört mit wilden Exzessen sowohl seine Ehe als auch die Band – bis 1985 die Reunion gelingt.
Von Jochen Plinganz
Bryan Singer, der bei seinen „X-Men“ stets sein großes Herz für Außenseiter wunderbar sensibel bewies, bietet in der seit Jahren überfälligen und immer wieder verschobenen Doppelbiografie von Englands legendären Rockgiganten Queen und ihrem schillernden Frontman Freddie Mercury für Rami Malek („Mr. Robot“, „Papillon“) ein Showcase zur Oscarniominierung und viel Platz für alle mitreißenden Hits der stilprägenden Band.
Andrew Garfield findet in der überbordenden Mystery Komisches, Kurioses, Konspiratives und Kulturgeschichtliches – nur keine klare Linie
David Robert Mitchell, USA 2018
Kinostart: 06.12.2018
Story: Slacker Sam muss in fünf Tagen sein Apartment mit Poolblick in L.A. räumen, da begegnet er Sarah, die am nächsten Tag verschwunden ist. Verwundert beginnt er nach ihrem Verbleib zu forschen und surft dabei durch eine von Hollywood geprägte Stadt der Illusionen, Verschwörungen, kriminellen Abgründe.
Von Thorsten Krüger
„Under the Silver Lake“ darf man getrost als dunklen Bruder von „La La Land“ betrachten, ein mit zweieinhalb Stunden in jeder Hinsicht voluminöses Werk, dass das alte Hollywood nicht melodramatisch umarmt, sondern seine Kultur Schicht um Schicht freilegt, indes gebrochen von einer ironischen Distanz, die der Suche nach Antworten mit dem Ergebnis, dass das Leben absurd ist, die emotionale Verbindung kappt.
Story: Gelegenheitsarbeiter Osamu bringt seine Angehörigen mit Ladendiebstählen durch, bei denen sein junger Sohn Shota mithilft. Als sie in einer kalten Winternacht die kleine Suri auflesen, nehmen sie das misshandelte Mädchen in ihre 5-köpfige Familie auf, die als bunter Trupp Lebenskünstler zusammenhält.
Von Sir Real
Cannes-Regular und verdienter Gewinner der Goldenen Palme 2018, Hirokazu Koreeda („Unsere kleine Schwester“), legt mit „Shoplifters“ eine fabelhafte Erzählung vor, deren subtiler Humanismus zu Tränen rührt – nicht nur, weil er der Versuchung widersteht, auf die Tränendrüse zu drücken. Sondern auch, weil er die Utopie eines ehrlichen, menschlichen Miteinanders von Wahlverwandtschaften vermittelt – in einem sozial kalten Land.
Der Mix aus Goth-Chiller und Geschwisterdrama des „Waisenhaus“-Autoren offenbart die Schwierigkeit psychologisch stimmiger Enthüllungen
aka Das Geheimnis von Marrowbone, Sergio G. Sánchez, E 2017
DVD/BD-Start: 26.10.2018
Story: 1969 flüchtet Rose mit ihren vier Kindern vor einem brutalen Ehemann in das einsame Marrowbone-Anwesen. Als sie verstirbt, gelobt ihr ältester Sohn Jack, sich und die Geschwister zu verstecken, bis er 21 ist. Jedoch sind sie nicht allein in dem baufälligen Landhaus, beäugt von einem gierigen Anwalt.
Von Thorsten Krüger
Für J.A. Bayona, der inzwischen nach Hollywood migriert ist („Jurassic World 2“), schrieb Sergio G. Sánchez 2007 den Horrorhit „Das Waisenhaus“ und 2012 die Tsunami-Tragödie „The Impossible“, wofür Bayona nun als Produzent Sánchez‘ Regiedebüt „Marrowbone“ ermöglicht. Der kombiniert übernatürliche Bedrohungen eines Spukhauses mit einem psychologisch austarierten Geschwisterdrama mit zufriedenstellend (tragischer) Wende.
Jon Hamm und Rosamund Pike in einem Suspense-Thrill mit Hirn und Anspruch um die verworrene (Bürger)Kriegssituation im Libanon
Brad Anderson, USA 2018
Start: 15.06.2018 (Netflix)
Story: 1972 verlor der damalige US-Botschafter Skiles seine Frau bei einem Terroranschlag in Beirut und verfiel dem Alkohol. Als zehn Jahre später sein Freund Cal entführt wird, soll er mit der CIA-Angestellten Crowder die Lösegeldverhandlungen führen. Er trifft auf einige alte Bekannte und neue Probleme.
Von Jochen Plinganz
Tony Gilroy ist einer von Hollywoods profiliertesten Thriller-Autoren – er schrieb drei Drehbücher der „Bourne“-Reihe. Der ältere Bruder von Dan Gilroy produzierte überdies dessen hervorragendes Debüt „Nightcrawler“, mit dem sich „Beirut“ die Eigenschaft teilt, die Nacht in die Seelen der Akteure zu senken. In toll fotografierten, finsteren Interieurs vibriert die Spionagestory angemessen schummrig, zwielichtig und bisweilen morbid.
„Tully“, die nach „Juno“ und „Young Adult“ nunmehr dritte Kollaboration von Oscarpreisträgerin Diablo Cody und Ivans Sohn Jason Reitman, nimmt sich wieder eine feminine Krise vor, diesmal lebensnäher und ernsthafter als die überbordend skurrilen Vorgänger. In der kleinen Ode an die Maternität (und Kindermädchen) laviert Charlize Theron (schon in „Young Adult“<//span> dabei) beachtlich ungeschminkt und mit Mut zum unvorteilhaften Äußeren wie Inneren haarscharf am Rande des Nervenzusammenbruchs.
Tragikomische Trauerbewältigung, bei der ein Vater-Sohn-Gespann durch die Liebe zu zwei Frauen zurück ins Leben findet
Kurt Voelker, USA 2017
ohne deutschen Start
Story: Ein Jahr nach dem frühen Krebstod seiner geliebten Frau zieht Mathelehrer Mason mit seinem Sohn Wes um und beginnt einen Job an einer Privatschule. Der trauernde Witwer lernt die liebenswerte Französischlehrerin Carine kennen, Teenager Mason freundet sich mit der bildschönen Lacy an.
Von Gnaghi
Vier gut aufgelegte Darsteller, zuvorderst J.K. Simmons („La La Land“), ex aequo „Before Sunrise“-Muse Julie Delpy, Odeya Rush („Hüter der Erinnerung“) und Josh Wiggins („Hellion“), verleihen der Tragikomödie „The Bachelor“ genügend Charme und Gefühl, um auf den Spuren von David O. Russells „Silver Linings“ mit allmählichen Annäherungen an die Liebe ihre Trauer um einen verlorenen Menschen zu bewältigen.
Story: Beirut: Der als palästinensischer Flüchtling nur geduldete Vorarbeiter Yasser und der libanesische Automechaniker Tony geraten wegen einer Nichtigkeit aneinander und beleidigen sich. Der aufgebrachte Tony fordert eine Entschuldigung. Als die nicht kommt, zieht er vor Gericht – mit extremen Folgen für alle.
Von Jochen Plinganz
Zwei Beleidigte, keine Entschuldigung, und schon dreht sich eine Eskalationsspirale, die rasch vor Gericht kommt und anhand zweier stolzer, männlicher Egos in tiefere Schichten religiöser, politischer und sozialer Konflikte vordringt. „The Insult“ vom mit am Drehbuch beteiligten Ziad Doueiri („The Attack“), zeigt Schuld, Traumata und das Ringen um Gerechtigkeit aus einer kaum bekannten Perspektive auf das Pulverfass Nahost.
Reife, anspruchsvolle und exzellent gespielte Literatur-Adaption über Liebe, Verdrängung, Verantwortung und biografische Illusionen
The Sense of an Ending, Ritesh Batra, GB 2017
Kinostart: 14.06.2018
Story: Auf verschlungenem Wege erbt der pensionierte, geschiedene Tony das Tagebuch seines lange verstorbenen Cambridge-Studienfreunds Adrian. Tonys ereignisarmes Leben gerät aus den Fugen, als er Neues erfährt hinsichtlich seiner Schuld am Suizid Adrians, der ihm seine Freundin Veronica ausspannte.
Von Thorsten Krüger
Nach seinem zartbitteren, melodramatischen Welterfolg „Lunchbox“ ließ sich der Inder Ritesh Batra viel Zeit, um nun gleich zwei englischsprachige Dramen nachzulegen, „Unsere Seelen bei Nacht“ und „Vom Ende einer Geschichte“, wobei Letzterer der deutlich Interessantere ist. Die Adaption von Julian Barnes‘ preisgekröntem Roman ist ein slow burner wie Batras Erstling, mit zeitgenössischen Anleihen bei Joe Wrights „Abbitte“.
Nach einer wahren Tragödie nimmt dieses starbesetzte (Action-)Drama um Arizonas Waldfeuerwehr emotional stark für sich ein
aka No Way Out: Gegen die Flammen, Only the Brave, Joseph Kosinski, USA 2017
Kinostart: 03.05.2018
Story: Der altgediente Feuerwehrmann Eric zittert in Arizona um seine berufliche Zukunft und die seines Teams, das sich schließlich für ein ersehntes Zertifikat qualifiziert. Als Eliteeinheit „Granite Mountain Hotshots“ rücken sie nun mit Nachwuchskraft „Donut“ unter Lebensgefahr an vorderster Front zu Waldbränden aus.
Von David McAllan
Amerikas Helden: Nachdem Soldaten immer mal Zivilisten töten und die Polizei gern Farbige, bleibt die Feuerwehr als Lebensretter die einzig unbefleckte Berufsgruppe mit Heldenstatus. „No Way Out“, basierend auf einer Tragödie von 2013, bei der so viele Firefighters starben wie seit dem 11. September nicht mehr, spart sich jedoch Pathos und Glorifizierung zugunsten eines klasse gespielten Dramas um ein eingeschworenes Team.
Von Alicia Vikander und Eva Green ergreifend gespieltes Euro-Schwesterndrama um Aussöhnung, Abschied, Krankheit und Freitod
Lisa Langseth, S/D 2017
Kinostart: 24.05.2018
Story: Nach langer Zeit trifft die New Yorker Künstlerin Ines ihre Schwester Emilie wieder, um mit ihr eine Ferienwoche in Mitteleuropa zu verbringen. Emilie führt sie in ein idyllisches Spa im Wald, wo die unheilbar an Krebs Erkrankte zum Ines‘ Entsetzen selbstbestimmt aus dem Leben scheiden möchte.
Von Thorsten Krüger
„Euphoria“, die nach „Die innere Schönheit des Universums“ und „Hotell“ bereits dritte Kooperation zwischen der schwedischen Oscargewinnerin Alicia Vikander (aktuell in „Tomb Raider“) und ihrer Landsfrau Lisa Langseth, kann sich sehen lassen: Reifes Euro-Arthaus-Kino, das Menschen und Themen ernst nimmt, Konflikte, Werte- und Moralfragen erwachsen behandelt und auf die berührenden Leistungen zweier Aktricen vertraut.
Das japanische Remake eines Korea-Thrillers bietet ungemütliche True-Crime-Spannung um einen Serienmörder als Medienphänomen
22-nenme no kokuhaku: Watashi ga satsujinhan desu, aka Confession of Murder, Yû Irie, J 2017
ohne deutschen Start
Story: 22 Jahre, nachdem seine sadistische Mordserie ganz Japan erschütterte und seine Taten verjährt sind, outet sich Masato als berüchtigter Tokyo Strangler und stellt seine Memoiren vor. Die geraten zum Bestseller – ein Affront für die Hinterbliebenen und Cop Wataru, der den Killer seit langer Zeit erfolglos jagt.
Von Sir Real
Auch Asien kann Remakes (vgl. die vielen Epigonen von „Ringu“). Die Neufassung des südkoreanischen Thrillers „Confession of Murder“ (2012) geriet in Japan gar zum Kassenschlager. Sie übertrifft das Original zumindest an Atmosphäre und Ernsthaftigkeit. Yû Irie („8000 Miles“) startet in „Memoirs of a Murderer“ mit einer fesselnden Ausgangssituation, kann ihr jedoch nur halbwegs emotionale Abgründe und Spannung abtrotzen.
Natalie Portman wandelt auf Tarkovskijs Spuren in einem philosophischen Mutations-Trip nach Jeff Vandermeers Sci-Fi-Erfolg
Annihilation, Alex Garland, GB/US 2018
Start: 12.03.2018 (Internet)
Story: Nachdem Kane, der lange vermisste Mann von Biologin Lena, eines Tages von einer Geheimmission in Area X völlig verändert und todkrank zurückkehrt, schließt sie sich einem fünfköpfigen, rein weiblichen Team an, das die durch eine Landung Außerirdischer verursachte mutagene Zone erforschen soll.
Von Max Renn
Mit Anleihen bei der Monolith-Mystery von „2001 – Odyssee im Weltraum“, mehr noch aber Andrej Tarkovskijs Klassikern „Solaris“ (Kopien vertrauter Personen) und „Stalker“ (philosophierende Erkundung einer Zone, in der Naturgesetze außer Kraft sind) nimmt sich Alex Garland in „Auslöschung“ dem ersten Teil von Jeff Vandermeers „Southern Reach“-Trilogie an, die in der Branche hohe Wellen schlug und zur Sensation geriet.
Atom-Alptraum Korea: Kalter-Kriegs-Thriller um Leiden und Freundschaft eines Brudervolkes im Angesicht der nuklearen Vernichtung
Gangcheolbi, Yang Woo-seok, ROK 2017
ohne deutschen Start
Story: Als der nordkoreanische Geheimagent Chul-woo Eom in der Sonderwirtschaftszone Kaesong ein Ziel liquidieren soll, richten zwei US-Raketen ein Massaker an. Mit dem schwer verletzten Führer persönlich flieht Eom nach Süden, wo er mit Staatssekretär Chul-woo Kwak einen Atomkrieg abzuwenden versucht.
Von Caroline Lin
Unserem aktuellen Mini-Cold-War-Revival mit eher mageren Ergebnissen wie „Atomic Blonde“ und „Red Sparrow“ setzt der südkoreanische Drehbuchautor/Regisseur Yang Woo-seok („The Attorney“) den packenden, beklemmenden wie bewegenden Action-Blockbuster„Steel Rain“ entgegen, der nicht nur alle Register eines Hochspannungswerks souverän beherrscht, sondern auch die menschliche Dimension des geteilten Volkes.
In „Nightcrawler“ gab Hollywood-Drehbuchautor Dan Gilroy 2014 seinen gefeierten Regie-Einstand. Doch wer erneut auf eine brillante Irrfahrt durch die Nacht hofft, muss bilanzieren, dass „Roman J. Israel, Esq.“so sperrig ist wie sein Titel. Mindestens. Sowohl der pulsierende Thrill des Vorgängers als auch der moralische Drahtseilakt bleiben aus, Gilroy vermag nicht einmal aus seinem verkracht-verkorksten Charakter richtig Funken schlagen.
Story: Russland 2012. Das Mittelschichtpaar Zhenya und Boris lässt sich scheiden. Sie haben jeweils neu begonnen. Ihren 12-jährigen Sohn Alyosha wollen beide nicht. Als der entsetzte Junge hört, dass er ins Heim abgeschoben werden soll, läuft er fort. Erst zwei Tage später bemerken die Eltern sein Fehlen.
Von Caroline Lin
„Loveless“, im Original „Nelyubov“, was man als „Nichtliebe“ transkribieren kann – der Titel ist Programm: Nach seinem ebenbürtig beeindruckenden „Leviathan“ verleiht der russische Independent-Auteur Andrey Zvyagintsev dem Drama über zwischenmenschliche Kälte in einer Familie eine stille, emotional heftige Wucht, für die seine Parabel auf das eisige Russland Putins abermals für den Auslandsoscar nominiert ist.
Jessica Chastain brilliert als Tellerwäscherin, die hoch pokert und tief fällt, in einem hochklassigen Risikogeschäfts-Biopic
Aaron Sorkin, C/US 2017
Kinostart: 08.03.2018
Story: Nachdem Stürze und Wirbelsäulenbrüche ihre Olympia-Karriere im Freestyle Skiing früh beendet haben, entzieht sich Molly Bloom ihrem knallharten Vater und schlägt sich durch, darunter als attraktiver Köder für Underground-Poker-Runden. Für die sie reiche Promis anzieht, aber auch Mafia und FBI.
Von Thorsten Krüger
Aaron Sorkin, der profilierte Autor von vortrefflichen Dialogdramen wie „Eine Frage der Ehre“ und „The Social Network“ bis hin zur Politserie „West Wing“, findet in Molly Blooms Autobiografie „Molly’s Game: From Hollywood’s Elite to Wall Street’s Billionaire Boys Club, My High-Stakes Adventure in the World of Underground Poker“ die ideale Vorlage für einen fesselnden Beitrag über den Amerikanischen (Finanz)Traum.