Kinostart: 03.10.2013, DVD/BD-Start: 01.09.2014
Berliner Schule, vor allem Andreas Dresen („Halt auf freier Strecke“), etwas Amos Kollek („Sue“): Sie standen Pate für den direkten Handkamerastil des 29-jährigen Nico Sommer („Stiller Frühling“), der mit Jump Cuts und Alltagsrealismus zwischen Doku und Fiktion agiert, Interviews einbaut und seiner Hauptfigur nie von der Seite weicht. Das tragikomisch gemeinte Portrait einer späten Emanzipation kommt Lina Wendel, die an diversen TV-Serien mitwirkte, emotional sehr nahe, auch wenn das proletarisch-geistlose Milieu einer prosaischen Welt jede Poesie vermissen lässt. Aber die drei Schlager von Gitte Hænning, so kitschig sie sein mögen, beschreiben treffend Silvis Gefühlszustände – das beste Stilmittel in einem sonst frugalen Film.
Unangenehmer wirkt, dass Männer in einem nur bedingt komischen, oft absurden Charakterdrama, allesamt als nicht vorzeigbare Schwachköpfe mit Sex-Manie und ohne Empathie dargestellt werden: mehr als männerfeindliche Klischees fällt der Drehbuchautorin nicht ein. Immerhin kann der Dating-Irrsinn mit seinem „Dinner für Spinner“-Programm spärlich amüsieren, die Experimente von BDSM und Domina-Fantasien, die Silvi allesamt mitmacht, führen auf groteskes Elfriede-Jelinek-Terrain („Die Klavierspielerin“). Ein komisches (Psycho)drama, eine Einsamkeits-Studie, die kurzfristig zur elektrisierenden Romanze gerät – bis auch dieser Mann desavouiert und als sexuell pathologischer Fall vorgeführt wird.