Kinostart: 07.11.2013, DVD/BD-Start: 20.02.2014
Eine weitere Facette das beschämenden, inhumanen Umgang des Menschen mit der Schöpfung zeigt der bewegende Blick hinter die heile Werbefassade von SeaWorld, die eine ganze Reihe zum Teil tödlicher Unfälle mit einem aggressiven Killerwalbullen vertuschen. Der Tod der erfahrenen Tiertrainerin Dawn Brancheau im Jahr 2010 stellt sich nur als die Spitze des Eisbergs heraus.
Ausgehend davon – und der Frage, ob nicht alle Wildtiere nach 25 Jahren in einer viel zu kleinen Badewanne psychotisch und gewalttätig werden – forscht die sachliche und kompetente Dokumentation von Gabriela Cowperthwaite nach. Unpolemisch, aber zu Tränen rührend, deckt sie empörende Praktiken und komplexe Hintergründe eines Geschäfts auf, das intelligente Lebewesen quält und zur Zuschauerbespaßung dressiert.
Die Recherchen führen zurück nach 1983, als Walfänger ein kleines Orca-Baby von seiner Mutter kidnappen und das soziale Gruppenwesen fortan in reizarmen Einzelbecken brutal abrichten. Eine barbarische Tierquälerei für den Langstreckenschwimmer, dem in artungerechter Käfighaltung nun ein Teddybärimage verpasst wird. Doch hinter der Disneyfizierung lauern die Raubtierinstinkte eines frustrierten Killers.
Unspektakulär, aber seriös und frei von Dramatisierung etwa durch Drohmusik zeigen zahlreiche Archivaufnahmen und Trainer in Interviews, wie sich diese Frankensteinsche Kreatur gegen seine Pfleger wendet. Trotz unzähliger Attacken, die viele Trainer nur knapp überleben, reagiert die Firma nicht. Ganz einfach, weil Tilikum als bester Zuchtbulle Gold wert ist und sie dafür Mitarbeiter wissentlich einer Todesgefahr aussetzt.
Die vielen Gesprächspartner bezeugen, wie sie von dem Konzern mit Falschinformationen in Sorglosigkeit gehalten wurden, die tierlieben Idealisten belegen aber auch, wie man ihre Naivität ausnutzte, um sie als Teil einer Lügenmaschinerie zu instrumentalisieren. SeaWorld lehnte für den Film, wie jeder gute Schurkenkonzern, der über Leichen geht, jede Äußerung und Beteiligung ab.
In Newsreports und Zeugenaussagen, Firmenwerbevideos und diese kontrastierenden Horroraufnahmen widerlegt Cowperthwaite minutiös die professionellen Lügner. Wie SeaWorld das Opfer auch noch selbst für ihren Tod verantwortlich macht – bei so viel Schamlosigkeit bleibt einem glatt die Spucke weg. Ein „Free Willy“ ohne Kitsch fürs intelligente Publikum. Oder ganz einfach guter investigativer Journalismus.