Kinostart: 10.10.2013, DVD/BD-Start: 11.04.2014
Die zweite Verfilmung eines Bestsellers von Juli Zeh ist zwar nicht so aseptisch wie „Schilf“, scheitert dafür dramatisch an ihrem eigenen, hochtrabenden Anspruch, intellektuelles Kino zu schaffen: Gregor Schnitzler, der mit „Die Wolke“ ein bedrohlicher Schüleralptraum über den atomaren GAU gelang, kokettiert mit Dostojewskis „Verbrechen und Strafe“ und Nietzsches Übermensch, erzeugt aber nur leere Worthülsen statt geistiges Niveau in einem Thrillerdrama mit niedrigem IQ.
Die krud-groteske Philosophie vom Spieltrieb um Macht und mehr, aufgestellt von einem Jüngelchen, das eigentlich viel zu nett ist, um als diabolischer Manipulator durchzugehen, beschränkt sich auf Kalenderspruch-Weisheiten. Dabei hätte dieses Oszillieren zwischen Spaß und Ernst, diesem „Fight Club“-Imperativ eines erkenne dich selbst, befreie dich aus deinen Fesseln, das doch nur auf Kontrolle und Missbrauch hinausläuft, etwas attraktiv Amoralisches. Zumal der Bursche mit Gefühlen (und dem Feuer) spielt und mit krimineller Freude sexuell erpresst.
Nur bleiben interessante Dialoge wie hölzern abgelesen, Schnitzler betreibt entweder Küchenpsychologie oder erklärt nichts, wo er müsste, die Wissens-Häppchen aus dem Schulstunden gleichen der Häppchen-Dramaturgie, die an Glaubwürdigkeit nicht zu unterbieten ist und verkrampft so wahllos wie prätentiös bedeutsame Szenen aneinanderreiht, durchsetzt mit „jugendlichen“ Lifestyle.
Die Regie müht sich nicht einmal, es auch nur ansatzweise realistisch zu gestalten, wenn der Lehrervollpfosten (wie alle Erwachsenen stümperhaft, ahnungslos und deprimiert) in die Sexfalle tappt. Dieses kursorische Sammelsurium hanebüchenen Verhaltens ist eine überflüssige, aufgesetzte Show für Leute, die sich leicht blenden lassen.
Der emotionale Kern aus Amour Fou, zerstörten Seelen und Education sentimentale liegt brach. Ein mit seinem Teenie-Paar zwar interessant und in Nebenrollen mit diversen „Tatort“-Kommissaren besetztes, banales Stück TV-Ästhetik, das gar nichts wagt und die vielen, auch politischen, Dimensionen der Vorlage nur streift.