Alles eine Frage der Zeit

Die lebensweise Brit-Comedy trifft mit Zeitzauberei, zarter Romantik, frechen Pointen und glänzendem Charme direkt ins Herz.

About Time Cover

About Time, Richard Curtis, GB 2013
Kinostart: 17.10.2013
Story: Mit 21 Jahren erfährt Tim von seinem Vater ein Familiengeheimnis: Alle Männer können durch simple Konzentration in ihre Vergangenheit zurückreisen. Begeistert korrigiert der unscheinbare Bravling Entscheidungen so lange, bis er mit Mauerblümchen Mary seine Traumfrau erobert. Die Methode hat gleichwohl Grenzen.
Von Caroline Lin

„Die Frau des Zeitreisenden“ begegnet „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“, für den Richard Curtis ebenso das Script schrieb wie für „Notting Hill“. Nach zwei seichten Regiearbeiten landet er mit dieser wunderbar anrührenden Zeitreise-Komödie einen Volltreffer und knüpft direkt an seine respektlos frechen und unschlagbar witzig-charmanten Drehbuchtage an.

Das Sci-Fi-Konzept nutzt er ohne jeden Effekt, um sich voll und ganz einer Schräge-Typen-Komödie zu widmen, die eine hochromantische Liebesgeschichte erzählt und sich weiter mausert: zu einem Entwicklungsroman, der den Zauber des Lebens und Familienzusammenhalt beschwört, mit seinem lebensweisen Loblied auf Glück und Unglück, Leben und Sterben tief berührt – und immer noch eine Pointe draufsetzt.

Entwicklungsroman, der den Zauber des Lebens beschwört

So lernt ein verstocktes Bübchen viele wichtige Lektionen, stammelt sich durch Fettnäpfchen, bis er zum erfahrenen Mann ausreift, der eine Familie gründet. Wobei seine Methode, jeden Fehltritt so lange zu korrigieren, bis das Ergebnis rückwirkend stimmt, unerwartete, später sehr schmerzhafte, Grenzen findet und böse Dilemmata und Überraschungen birgt. „Murmeltier“-Sorgen eines Wandschrank-Bruders von Woody Allen.

Unglücksraben wie seine Schwester kann er nicht retten – sie müssen sich selbst helfen. Aber es bleibt genug Spielraum, das Schicksal positiv zu formen. Womit Rachel McAdams (als Mauerblümchen geschminkt) wieder die Frau eines Zeitreisenden ist, nur nicht in einem Meistermelodram, sondern in einer umwerfenden Komödie, die auch von den Macken ihrer schrulligen Figuren lebt, von sarkastischen Misfits bis liebevollen Käuzen.

Humorvolle Ode an eine Geborgenheit vermittelnde Verwandtschaft

Vor allem aber zaubert, neben schamlosem Slapstick und schlüpfrigen Bettgesprächen, die humorvoll-hintersinnige Ode an eine Geborgenheit vermittelnde Verwandtschaft ein dauerhaftes Lächeln ins Gesicht. Man schließt viele, vor allem Bill Nighy als Vater, ins Herz. Gefährten, die einen begleiten, Hochzeiten in schottischem Regensturm zelebrieren und um ihre Liebsten bangen: Gefühlvoller Feel Good ohne Kitschgefahr.

Eine Familiengeschichte entfaltet sich, die optimistisch klärt, das Leben bedeutet, sowohl schlechtes zu ertragen, als auch das Schöne darin zu sehen. Daraus keimt ein tiefgehend emotionaler Vater-Sohn-Abschied, ein inniges Verständnis zweier Zeitreisender, das lehrt, jeden Tag bewusst zu leben, als sei es der letzte. So trivial das sein mag, so hinreißend feiert Curtis diese bodenständige Botschaft im Familienkreis von jung und alt in 123 traumhaft-wahrhaften Minuten wie eine Geheimformel zum Glück.

Vielschichtige Reflexion über das Phänomen Zeit

Denn der im Original mehrdeutig betitelte „About Time“ ist auch eine erstaunlich vielschichtige Reflexion über das Phänomen Zeit und unseren Umgang damit. Wie Onkel Desmond, der Mann ohne Erinnerung, der cholerische Bühnenautor Harry, die jüngere Schwester Kit Kat, die ihr Straucheln beendet: Sie haben ihren speziellen Weg gefunden, wie wir alle gemeinsam durch die Zeit zu reisen, jeden Tag, ohne Rückkehr. Nur Tims Nachwuchs wird vielleicht auch eines Tages nach seinem Tod sonnige Strandspaziergänge mit ihm unternehmen können.

Ob Filme unser Leben ändern können? Wer weiß. Vielleicht dieser hier.

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