Blue Jasmine

Endstation Sehnsucht: Woody Allens tragikomisches und schonungsloses Psychogramm einer mental gestörten Heuchlerin.

Blue Jasmine Cover

Woody Allen, USA 2013
Kinostart: 07.11.2013, DVD/BD-Start: 14.03.2014 (digital bereits ab 07.03.2014)
Story: Als ihr betrügerischer Investment-Gatte hinter Gittern landet, verliert das hochnäsige Luxus-Nervenbündel Jasmine alles und schlüpft bei ihrer proletarischen Adoptiv-Schwester, von der sie vorher nichts wissen wollte, in San Francisco unter. Hier sabotiert die alkoholsüchtige Zicke ihre Zukunft erst recht.
Von Max Renn

Cate Blanchett, die Galadriel aus „Herr der Ringe“, leistet in furios-manischer Manier wieder einmal Oscarwürdiges als selbstzerstörerische Society-Lady, die als Luxus-Stadtneurotikerin ihr eigenes Leben und das anderer ruiniert, bis sie als Irre auf der Parkbank endet. Komisch zwar, und auch satirisch, vor allem aber tragisch entwickelt sich daraus ein gestandenes Psychodrama. Allens Euro-Sightseeingtour ist definitiv beendet.

Sein Stil – und die leise säuselnde Jazz-Musik – mögen wie immer scheinen, nur gibt es weniger Stars im Programm, das sich vielleicht deshalb als die Studie einer endlosen Abwärtsspirale erweist und die erratische Seele einer psychotischen Frauenfigur am Rande des Nervenzusammenbruchs ergründet. In einem Rückblendengeflecht summiert sich die Quintessenz einer auseinanderbrechenden Existenz.

Brutaler war Woody Allen nie

Zwar kollidiert spöttisch eine Snob-Schnepfe mit dem Proletarier-Milieu ihrer unterbelichteten Schwester. Daraus quellen vorrangig unangenehme Situationen, peinliche Verhaltensweisen und böse Wahrheiten unter Alkoholeinfluss. Was nicht hervorscheint, sind irgendwelche Sympathien. Jasmine ist ein affektiertes Miststück, Ginger (Sally Hawkins wie in „Happy-Go-Lucky“) grenznaiv – nette Menschen verkrümeln sich in Nebenrollen.

Hier schlägt nicht die Stunde des Komödianten Allen, sondern es schimmern seine düsteren Vorbilder durch, wenn auch weniger Bergman, denn Strindberg. Ein wenig Gesellschaftsdrama kommt auch dabei herum, wenn sich überschneidungsfreie Lebensstile begegnen, der Habitus zweier Schichten – Reich und Arm – aneinander schrammt. Das erzählt einiges über Geld und Charakter, Lügen-Fassaden und (Selbst)betrug.

Zerbrechen einer Ehe und einer Person

Mit einem Horizont der Zeitlichkeit begegnet Allen Lebensabschnitten, die man hinter sich lassen will, aber aufgrund eigener Alkoholsucht und Verlogenheit nicht kann. Da sein Script aber einfach keine Fallhöhe zustande bringt, alle seine Figuren mehr oder minder auf Distanz hält, ist Mitgefühl kaum möglich – weder ist das Zerbrechen einer Ehe und einer Person richtig komisch, noch tragisch berührend.

Dafür gibt es von Altbekanntem mehr als genug: Die sexuellen Flirt-Verkrampfungen, die unpassenden Interaktionen zwischen befangenen Geschlechtern, Männer, die unwillige Frauen anbaggern. „Blue Jasmine“ behandelt auch die Unmöglichkeit, eine gute Partie zu finden, aber auch davon, mit dem, was man hat, zufrieden zu sein – sonst könnte es einem genommen werden, Verstand inklusive. Brutaler war Allen nie.

Ein Gedanke zu „Blue Jasmine“

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