02.01.2014
Jenseits der Stille: Die dritte Arbeit des Polen Andrzej Jakimowski, der sich mit „Kleine Tricks“ einen Arthaus-Namen machte, ist ein Tonfilm im wahrsten Wortsinn. Er setzt weit überzeugender als Fernando Meirelles „Die Stadt der Blinden“ in Lissabon die Wahrnehmungswelt Sehbehinderter als faszinierende Reise in das Reich der Töne und Geräusche, aber auch des Ertastens und Riechens um.
Ausführlichst saugt Jakimowski auf, wie Echo-Ortung und andere Hilfsmittel die Realität konstruieren und die Fantasie eine Vorstellung von der Wirklichkeit formt, die sich als eine ganz andere herausstellen kann. Wie ein engagiert-enigmatischer Lehrer (Edward Gogg aus „Anonymous“) eine verschlossene Schülerin (Alexandra Maria Lara, zuletzt in „Rush“) aus ihrer menschenscheuen Melancholie reißt, fasziniert emotional.
Dem gegenüber stehen eine episodische Struktur, die zu lax und unspektakulär um hintergrund- und damit substanzlose Figuren mäandert, um wirklich über die mühsame Laufzeit zu bannen. „Imagine“ entzieht sich allen Kategorien, will weder eine Erfolgsgeschichte noch ein „Club der toten Dichter“ sein und auch nicht so recht das naheliegende Liebes-Melodram werden – ist aber dennoch ernüchternd konventionell gestrickt.
Nur als Gleichnis auf Imaginationskraft, aus der sich eine Lebensphilosophie schält, die die eigene Fantasie und Freiheit einer beschränkten Realität und einem angsterfüllten Dasein in engen Grenzen vorzieht, überzeugt Jakimowski mit ansteckender Experimentierfreude. Smart wählt er Kadrage und spielt gezielt mit Unschärfe – Mittel, die im Lauf dieser tempoarmen Münchhausen-Fabel gleichwohl erheblich an Reiz einbüßen.
http://www.youtube.com/watch?v=eijzLOrjchA