Genug gesagt

Starbesetzte Liebes- und Charakterdramödie, die humorvoll und bittersüß Beziehungen und Übergangsphasen Erwachsener beobachtet.

Genug gesagt Cover

Enough Said, Nicole Holofcener, USA 2013
Kinostart: 19.12.2013, DVD/BD-Start: 18.04.2014
Story: Masseuse Eva ist geschieden und sieht mit Sorge ihre einzige Tochter zur Uni fortziehen. Sie lernt Albert kennen, der in der gleichen Lage steckt und verliebt sich. Als sich Evas Neukundin Marianne als Alberts Ex entpuppt und permanent über ihn lästert, hält Eva die Beziehung geheim, bis die Lüge auffliegt.
Von Thorsten Krüger

Die New Yorker Regisseurin Nicole Holofcener („Friends with Money“) hat mit der Finanzhilfe von Fox Searchlight die exakte Schnittmenge aus Hollywood-Liebeskomödie und Indie-Charakterdrama gebildet: Eine mit versierten Mimen besetzte Anleitung, wie man sich eine neue Beziehung erfolgreich ruiniert und zugleich die durch den Wegzug der flügge gewordenen Kinder aufklaffende Midlife-Einsamkeit bewältigt.

Grob gesagt eine Romcom, aber erwachsen und aus Sicht reiferer Jahrgänge sowie der Perspektive einer Frau, was zeitweilig auch etwas Zielgruppenware wird, sprich „Frauenfilm“, aber meist sehr viel mehr ist: Die sehr witzig und genau beobachtete Summe aller Interaktionen eines eng miteinander verwobenen Personenkreises, deren biografisch lebensecht eingebettete Mitglieder ausgeprägte Eigenheiten entwickelt haben.

Anleitung, wie man sich eine Beziehung erfolgreich ruiniert

Dadurch kann die fast perfekte Besetzung glänzen: Wieder einmal der jüngst verstorbene (und schmerzlich vermisste) James Gandolfini („Not Fade Away“) als warmherziger Ruhepol Albert, „Seinfeld“-Comedian Julia Louis-Dreyfus als unsicher-quirlige Eva, dazu eine wieder erstklassige Catherine Keener und, wenn auch sehr typisch als Neurosen-Zicke, Toni Collette. Alle haben gute und schlechte Eigenschaften, niemand kann aus seiner Haut.

So wird, zusammen mit bemüht ausgefallenen und damit alltagsnahen Berufen, ein großes Maß an warmherziger Menschlichkeit erreicht. Lediglich Eva wirkt negativ überzeichnet, als aus mangelndem Selbstwert unreife, abstoßend unehrliche, allzusehr grimassierende Mutter. So gerät Holofceners Dramödie in Teilen zum Loser-Porträt, das damit ohne Not unter das restliche, weit höhere Niveau sinkt.

Wesentlich ehrlicher als teure Hochglanzwerke

Mit liebenswertem, spöttischem, aber nie derbem oder beleidigendem (Dialog)Witz blickt sie wesentlich ehrlicher als teure Hochglanzwerke auf Alter, Aussehen und Unsicherheiten vorwiegend über vierzigjähriger Frauen, schaut präzis auf Beziehungssituationen von Pärchen und Ex-Pärchen, ihre Kränkungen und Wunden, die sie kindisch agieren lassen. Und auf die Unfähigkeit, Nahestehende angemessen zu behandeln.

Neben einer sporadisch etwas weichgespülten, in ihrer bittersüßen Tragik aber lebensklugen und ohne jeden Kiddie-Kitsch ablaufende Liebesgeschichte, die sich eine Frau, die nicht so handelt, wie sie eigentlich sollte (und das auch weiß), vergiften lässt, handelt „Genug gesagt“ von der Transit-Situation zwischen Mutter (bzw. Vater) und Tochter, dem Generationen-Gap mit seinen Unterschieden, aber auch Gemeinsamkeiten.

Manchmal ist Holofcener einfach zu brav

Manchmal ist Holofcener einfach zu brav und zu nah am Mainstream, wenn sie die pikante Beziehung zwischen Eva und der Freundin ihrer Tochter nicht weiter erforscht, wie das aktuell Anne Fontaines „Tage am Strand“ nach Doris Lessing wagt, oder Lisa Cholodenkos unglaublich avanciert-aufgeschlossener Patchwork-Reigen „The Kids Are All Right“. Aber auch diese comedy of human errors hat einige echte Vorzüge.

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