Bethlehem

Die menschliche Tragödie des Nahostkonflikts in unverfälschter Nahaufnahme als authentischer Agententhriller aus dem Westjordanland.

Bethlehem Cover

Yuval Adler, IS/D/BE 2013
Kinostart: 09.01.2014, DVD/BD-Start: 26.09.2014
Story: Seit zwei Jahren spioniert der 17-jährige Palästinenser Sanfur für den israelischen Geheimdienst – ein Doppelleben, das jederzeit auffliegen kann und ihn in Gewissenskonflikte stürzt. Ebenso seinen väterlichen Verbindungsoffizier Razi, als die Armee Sanfurs Bruder tötet und auch den Jungen opfern will.
Von Thorsten Krüger

Live und aus unmittelbarer Nähe, was man sonst nur aus Nachrichten erfährt, schlüsseln der israelische Regienovize Yuval Adler und sein arabischer Co-Autor Ali Waked nach gründlicher Recherche auf: die lebensgefährliche Feldarbeit von Geheimdiensten und ihrer Informanten ausgerechnet im wenig biblischen Bethlehem. Dokumentarisch, unsentimental, ohne reißerische Ambitionen: ein realitätsnahes, komplexes Thrillergeflecht.

Agenten sterben einsam: Statt einem distinguiert-zynischen John-le-Carré-Stück widmet sich das Porträt eines Doppellebens einem aktuellen Kalten-Kriegs-Schauplatz, wo im furchterregend unerbittlichen „Hatufim“-Stil (der israelischen Vorlage für „Homeland“) die Gewissens- und Loyalitätskonflikte eines seiner Kindheit beraubten Jungen ausgeführt werden – ganz ohne Wertung, Parteinahme und Botschaft.

Bittere Lebensrealität eines Kriegsschauplatzes

Sondern als nüchterne Bestandsaufnahme einer ausweglosen Tragödie der bitteren Lebensrealität eines Kriegsschauplatzes, wo israelische Armee, Hamas und al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden wüten, wo Politik mit der AK-47 in der Hand gemacht wird. In dieser Krisenregion sterben Wahrheit und Unschuld zuerst. In dem komplizierten Geflecht verschlagen-rabiater Interessensgruppen muss Sanfur sich ständig vor Enttarnung schützen.

Denn Kollaborateure erwartet Schlimmeres als der Tod und schon ein Gerücht kann dafür reichen. Sanfur jongliert damit ebenso wie mit der brodelnden Aggressivität wütender Männer, ein Leben in Gewalt und Hass, dirigiert in Echtzeit von Zweckbündnissen via Handy. So koordiniert auch der Geheimdienst den Nachtangriff eines Todesschwadrons im Stile von „Zero Dark Thirty“ auf Sanfurs älteren Terroristenbruder.

Nur neue Zwangslagen statt Lösungen

Alltags-Straßenkampf gegen den Mob, ohne Hi-Tech-Glamour, aber mit verheerenden Auswirkungen: Die Mechanismen von Lüge und Täuschung, von Rache und Wut führen nur zu neuen Zwangslagen statt Lösungen. Adler inszeniert das famose Script mitunter zu zurückhaltend: etwas mehr packen und die Kehle zuschnüren könnte seine mitunter zu subtile Studie über den unseligen Kampf auf symbolträchtigen Territorium schon sein, wo es Gnade und Erlösung nur noch in der Bibel gibt.

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