Westen

Westen Cover

Christian Schwochow, D 2013
Kinostart: 27.03.2014, DVD/BD-Start: 15.10.2014

Ein ostdeutscher Blick auf die BRD kommt zu einem wenig schmeichelhaften Befund in Christian Schwochows Drama über eine DDR-Emigrantin (abermals ein beachtlicher Auftritt: Jördis Triebel aus dem wundervollen „Meine Schwestern“), die mit ihrem jungen Sohn im Westberliner Aufnahmelager Marienfelde 1978 in die Mühlen der deutsche Bürokratie und vor allem der alliierten Geheimdienste gerät. Basierend auf dem autobiografisch geprägten Buch „Lagerfeuer“ von Julia Franck muss diese Nelly feststellen, dass Überwachung und Verdächtigungen exakt nach jenen Stasimethoden ablaufen, vor denen sie flüchtete.

Aufwühlende Unterstellungen in Verhören lassen sie daran zweifeln, ob ihr bei einem Unfall gestorbener russischer Geliebter a) wirklich tot und b) nicht ein Atomagent war. So ziehen sie alliierte Arschlöcher, die Deutschland seit Jahrzehnten besetzt halten, in eine Spionagegeschichte hinein, die sie dermaßen paranoid werden lässt, dass schizophrener Koller und eskalierendes Misstrauen die Beziehung zu ihrem Sohn (stark: der 11-jährige Tristan Göbel) und anderen Insassen des Lagers fast zerstört.

Leider kann sich Schwochow nicht entscheiden, ob er ein Arthaus-Cold-War-Thriller, ein Psychogramm oder ein Mutter-Kind-Drama inszenieren soll. Er droht im Lo-Fi-Look eines Sozialreports in hässlichen Farben zu versacken: karg, schleppend und zäh, im durchwachsenen Wackelkamera-Stil. Manche Figuren bleiben unterentwickelt und die hochinteressante Geschichte eher unbefriedigend. Aber der persönliche Zugang zu kritisch reflektierter deutsch-deutscher Geschichte (wie bereits sein verhalten-melodramatischer „Novemberkind“) und die guten Darsteller verleihen Authentizität. Und die in einem Flüchtlingsheim spielende Immigrantengeschichte ist auch gut als Allegorie auf heutige Verhältnisse lesbar.

Gnaghi

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