Kinostart: 23.01.2014, DVD/BD-Start: 05.05.2014
Vom Oktoberfest zur NSU: Wie der Verfassungsschutz rechte Terroristen statt den Staat behütet und die zum Himmel stinkenden Hintergründe eines brutalen Anschlags bis heute vertuscht werden, damit befasst sich der sichtlich unerfahrene Daniel Harrich nach den demnächst in Buchform erscheinenden, jahrzehntelangen Recherchen von Ulrich Chaussy. Das Ergebnis ist weder Fisch noch Fleisch – und dennoch kein schlechtes Werk.
Ganz nach Oliver Stones Vorbild „JFK“ verwendet der packend-aufgekratzte Stil News, Tatortbilder und Aufnahmen faschistischer Hetze gegen protestierende Studenten, verabschiedet sich aber wieder rasch davon. Ebenso Anleihen beim Actionkintopp und mit drohenden Synthietönen unterlegter Einschüchterungsthrill treten nur sporadisch und unentschlossen auf. Die politischen Ambitionen sind schon ausgeprägter.
Aber nicht immer konsequent – es fehlen sämtliche Hinweise auf die Gladio-Geheimarmeen und obendrein ist der Politbetrieb mit einem schlechten Franz Josef Strauß als Schemen übles Reenactment. Benno Fürmann als investigativer Journalist hat richtig Format, seine Privatgeschichte um den Streit mit seiner Frau Lise (Nicolette Krebitz arg verschenkt) bleibt unterentwickeltes Stückwerk. Costa-Gavras’ „Z“ ist weit entfernt.
Damit bleiben einem die Personen in ihrer Gefährdungslage ziemlich egal. Was am besten klappt, sind trotz wahrlich altbekannter Muster die mühsamen Recherchen. Darin entdeckt Chaussy skandalöse Lügen, Ungereimtheiten und bedrohte Zeugen, deren Aussagen die Staatsanwaltschaft unterschlägt und zudem wichtige Beweise einfach vernichtet. In Interviews erfährt Chaussy dies in langwieriger Kleinstarbeit.
Ein Whistleblower des BND (August Zirner) spielt ihm in ziemlich bescheuerten konspirativen Treffen empörende Informationen über seinen selbstherrlichen Vorgesetzten (Heiner Lauterbach) zu. Während die Jahre lapidar im Umschnitt vergehen, bleibt der Film sowohl auf dem Teppich als auch durchgehend spannend. Außerdem gelingt ganz nebenher dezente Werbung für den Bayerischen Rundfunk als Hüter der Meinungsfreiheit.
Obwohl es mehr als genug Stoff gäbe, sind deutsche Politthriller eine echte Rarität – eigentlich ein Armutszeugnis für Filmemacher, die lieber Beziehungskomödien oder Krebsdramen dichten. Da selbst die Verbindung zur NSU als Fußnote nicht ausgereizt wird, muss man konstatieren: Mit entsprechend mehr Erfahrung hätte daraus Fesselndes im Oliver-Stone-Stil oder in „Die Unbestechlichen“-Reporter-Manier werden können.