Population Boom

Märchen Überbevölkerung? „Plastic Planet“-Regisseur Werner Boote polemisiert gegen angebliche Denkfehler und westliche Arroganz.

Population Boom Cover

Werner Boote, AU 2013
Kinostart: 27.03.2014, DVD/BD-Start: 10.10.2014
Story: Eine globale Population von sieben Milliarden Menschen sind Anlass für einen besorgten UN-Bevölkerungsreport, den Werner Boote jedoch anzweifelt und auf vier Kontinenten mit Gegnern dieser Ansichten spricht. Dadurch kommt er zum Schluss, dass unser Ressourcenverbrauch das wahre Problem ist.
Von Jochen Plinganz

Der Wiener Dokumentarist Werner Boote, nicht von ungefähr als „österreichischer Michael Moore“ tituliert, bildet sich nach „Plastic Planet“, der treffend unseren umweltschädlichen Kunststoffwahn anklagte, wieder seine eigene Meinung und demonstriert, wie leicht man sich davon täuschen lassen kann: Bei seinem Plan, polemisch die westlichen Industrienationen als Heuchler hinzustellen, schießt er weit übers Ziel hinaus.

In locker-seriösem, gut gelauntem Tonfall begibt er sich samt Regenschirm erzählend auf Investigation quer durch die Welt – Nordamerika, Asien, Afrika und Europa sind Station – und entlarvt Bevölkerungskontrolle seit Jahrzehnten als US-Machtpolitik respektive einen bequemen Vorwand reicher Untergangspropheten, deren Angstagenda von der malthusianistischen Katastrophe lediglich ein böser Spuk sei.

Das Thema ist beileibe wesentlich komplexer

Widerspruchslos lässt er sich – journalistisch ausgesprochen fragwürdig – mit Argumenten überzeugen, die gegen Eliten wettern, die mit Zwangsmaßnahmen zur Eindämmung lediglich ihren Profit im Sinne haben. Manches ist durchaus stichhaltig, aber erstens ausschließlich linksliberal und gegen vermeintliche imperialistische Schurken schimpfend, zweitens ohne jedes Gegenargument und oft schlicht kontrafaktisch.

Gier, Konsumismus und Industrie sind echte Gefahren: vieles stimmt, durchaus. Aber das Thema ist beileibe wesentlich komplexer für vieles gibt es belastbare Gegenansichten. Man muss die Meinungen zur Diskussion hinzufügen – aber sie ersetzen nicht die als falsch hingestellten. Boote ordnet seiner unformulierten These alles unter und biegt sich die Realität dafür so zurecht, wie er sie gerade braucht. Grotesk.

Gefährliches Halbwissen unter dem Deckmantel der Aufklärung

Ich halte Bootes Ansatz gelinde gesagt für naiv. Konkreter: er denkt nicht weit genug, vermittelt gefährliches Halbwissen unter dem Deckmantel der Aufklärung, manipuliert emotional als kinderliebes Hascherl, agitiert trotz einem vorgeblich ruhig-bedachtem Stil aber so plakativ wie jene Medien, mit denen er pauschal ins Gericht zieht. Lieber feiert er sich selbst, als dass er manche Zusammenhänge von mehreren Seiten durchleuchtet.

Je mehr er den Mythos Überbevölkerung als Lüge abgefeimter reicher Verschwörer gegen die armen Völker enttarnen will, desto stärker reizt seine Polemik zum Widerspruch. Schön, wie er Glück statt Wirtschaftswachstum propagiert. Aber wer Erhellendes zur Bevölkerungsproblematik sucht, liest besser Dan Browns „Inferno“, das wesentlich informativer und jenseits politischer korrekter Wunschvorstellungen damit umgeht.

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