Stalingrad

Der russische 3D-Imax-Kriegsaction-Blockbuster will eine Ode an die Väter sein, ist aber nur Propaganda für den Supersoldaten.

Stalingrad Cover

Fedor Bondarchuk, RU 2013
DVD/BD-Start: 27.11.2014
Story: November 1942: Die Wehrmacht hat die russische Stadt Stalingrad beinahe eingenommen und steht an der Wolga. Aber die Rote Armee leistet Widerstand und verhindert, dass die Deutschen über den Fluss setzen. In den brennenden Ruinen stehen sich fünf Russen, eine Zivilistin und eine Nazi-Truppe gegenüber.
Von Thorsten Krüger

Jubiläum! 70 Jahre Schlacht um Stalingrad! Der Sieg im großen vaterländischen Krieg muss gebührend gefeiert werden, befand der für solche Fälle zuständige Fedor Bondarchuk, der schon den Afghanistaneinsatz in „Die neunte Kompanie“ kräftig verklärte. Also schuf er ein rührseliges Heldenspektakel auf der offiziellen Linie Moskaus (Auslandsoscarbeitrag!), eine Ode an unglaublich tapfere Teufelskerle in ewiggestriger Bauart.

Aufopferungsvoll rackernde, zum eigenen Volk herzensgute Rotarmisten zeigen es der menschenfeindlichen, kriegsverbrecherischen faschistischen Bestie mal so richtig in dieser Pathos-und-Kitsch-Kriegsorgie, die mit Riesenaufwand und Perfektion die Befreiung im realistisch-blutig-dreckigen Häuserkampf als heroischen Zeitlupenakt mit computerspielartigen Actionsequenzen zu weihevollem Orchesterklang darstellt.

Geschichtsklitterung fernab jeder historischen Wirklichkeit

Hier wimmelt es vor Stereotypen, tapferen Frauen, schändlichen Huren (da hilft nur ein Kopfschuss) und als Alibi einem guten Germanen (Thomas Kretschmann). Ansonsten Geschichtsklitterung fernab jeder historischen Wirklichkeit, dem authentisch-packenden Trümmerszenario samt Ascheregen à la „Silent Hill“ zum Trotz. Eine handwerklich erstklassiges, heiliges Rachefest, das gelinde gesagt zwiespältig ausfällt.

Die andauernde Auf-die-Schulter-klopf-Mentalität der Sorte „was sind wir Russen doch für grandiose Haudegen“ allein wäre schon peinlich, zumal im Voice Over noch gleich ihre Heldenbiografie erklingt. Als Kontrast die Deutschen: Vergewaltiger, Schänder, Quäler, unprofessionelle Versager, unfähig, dumm, keine Menschen, sondern Tiere, die den Tod verdient haben. So wahrt man Feindbilder 70 Jahre nach Kriegsende.

Einheit stirbt im Stahlgewitter den Opfertod fürs Vaterland

Dazu gesellt sich eine schüchterne Lovestory, damit es neben der allgemeinen Tragik noch melodramatischer wirkt, wenn die ganze Einheit im Stahlgewitter den Opfertod fürs Vaterland stirbt. Das ist Nationalismus der abstoßenden Art – etwas anderes wäre in dem intoleranten, repressiven Regime von Zar Wladimir Rasputin dem Rücksichtslosen mit seinen reaktionären Großmachtfantasien auch gar nicht denkbar.

Dagegen wirkt „Lone Survivor“ wie ein Ausbund an nüchternem Dokumentarismus. Die Mär vom russischen Supersoldaten kennt selbstverständlich keine Kritik an Stalin oder anderweitig Distanz zur Historie. Weit entfernt sind Elegien wie „Wenn die Kraniche ziehen“, „Iwans Kindheit“ oder „Komm und sieh“. Wieso dreht diese Kulturnation nicht mal einen Film über die 1-2 Millionen von Rotarmisten vergewaltigten deutschen Frauen?

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