Kinostart: 18.09.2014, DVD/BD-Start: 10.12.2014
Wäre „En solitaire“, zu deutsch: allein, eine Dokumentation über ein Hochsee-Wettsegeln, er würde begeistern. Dem Regiedebüt des versierten französischen Kameramanns Christophe Offenstein („Kein Sterbenswort“) merkt man seine visuelle Könnerschaft an: Absolut authentisch liefert er Impressionen von einen hochgerüsteten, modernen Einhandsegelschiff, das im Höchsttempo durch eine raue See und ruppige Stürme pflügt.
Seebär Yann mag allein auf dem Schiff im Akkord Manöver ausführen, gegen Schlafmangel, körperliche Erschöpfung und wechselnde Witterungsbedingungen ankämpfen, so ist er doch über Hightech und Bildsatellitentelefone mit seinem Team daheim, Ärzten, Freundin und Tochter verbunden und stets mit detaillierten Computergrafiken über Position, Wetter- und Windprognosen informiert. Dennoch zerrt die Einsamkeit an ihm.
Nur ist dies keine Doku. Sondern ein Drama. Und das kann Offenstein einfach nicht. So hochklassig er die Realität der Elemente und ihre enorme Gewalt aufspürt, die vor sich hindümpelnde Dramaturgie ist einfach Murks. Denn er führt einen halbwüchsigen Maghrebianer ein, der debil für Chaos sorgt, und den der bärbeißige Skipper nicht mehr los wird, woraus spröde eine humanitätsduselige Freundschaft à la „Welcome“ wird.
Die leidet schwer an spärlichen Charakterisierungen und dem jeweils genau einem Gesichtsausdruck der Darsteller – speziell Samy Seghirs Leidensmiene stört gewaltig. Zu seltsamen musikalischem Provence-Gedudel wechselt Offenstein immer wieder kurz nach Frankreich, wo er unmotiviert und unterentwickelt ein Stiefmutter-Tochter-Drama andeutet, bei dem am Ende alle irgendwie total happy sind.
Große Ausnahme der mangelnden Umsetzung psychischer Zustände und Emotionen bildet eine Seenotrettung, als Yann Mag (Karine Vanasse aus „Midnight in Paris“) aus ihrem havarierten Boot zieht. Die völlig aufgelöste, weinende Frau, die gerade so überlebt hat, beeindruckt und rührt, wenn die ganze Todesangst der letzten Stunden von ihr abfällt. Auch entwickelt sie sofort Chemie mit Mano, was dem Film sonst gänzlich abgeht.
Im Nachhinein muss man sich den (wenn auch überzogen fatalistischen) „All Is Lost“ loben: Es braucht doch fähige Schauspieler und eine sensible Regie, um das Innenleben von Figuren auf nachvollziehbare Weise auszudrücken.