Blutgletscher

Das Bergmassiv mutiert massiv: Marvin Krens alpines Klimawandel-Horrordrama mit „The Thing“-Anklängen beeindruckt.

Blutgletscher Cover

Marvin Kren, AU 2013
Kinostart: 06.02.2014, DVD/BD-Start: 20.03.2014
Story: Auf der Klimaforschungsstation Glazius analysiert ein vierköpfiges Wissenschaftlerteam in einsamen 3500 Meter Höhe den Gletscherschwund, als der ruppige Einzelgänger Janek blutrot verfärbtes Eis entdeckt, aus dem eine bakterielle Infektion aussuppt, die aggressive, monströse Tiermutationen erzeugt.
Von Thorsten Krüger

Alles andere als bierernst mixt der Österreicher Marvin Kren Naturhorror, Monster Movie, Melodram und Survival-Thriller im gleichen grimmig-grotesken Grundton seiner Berliner Zombies des bemerkenswerten „Rammbock“ zu einem galligen Kommentar zum Klimawandel. In den Bergen des Wahnsinns finden sich Anklänge an Carpenters Polarklassiker wie Cronenbergscher Body Horror mit „Die Fliege“-DNS-Verschmelzung.

Die südtiroler Bergkulisse verströmt eine Atmosphäre aus Verhängnis und Beklemmung in phantastisch fotografierten Hochgebirgspanoramen, deren finster-öde Mondlandschaften Bedrohlichkeit verströmen. Das (nicht nur visuelle) Highlight bildet aber ein durch organische Veränderung blutrot verfärbter Gletscher. Keine Alienmacht, sondern dem menschlichen Wirken geschuldete Genmutationen: Die Zivilisation kriegt die Quittung.

Durch organische Veränderung blutrot verfärbter Gletscher

Daraus gewinnt Kren nun ein Die-Natur-schlägt-zurück-Creature-Feature, destilliert aber nicht nur ein Genrewerk mit gekonnt verwendeter Motivik; in satirischen und komischen Momenten (ohne je den Ernst der Situation zu mindern) stehen bei ihm die Menschen, nicht die Monster im Mittelpunkt, woraus ein emotional treffendes Liebeskummermelodram sowie eine spöttische Verhaltensstudie von Zwischenmenschlichem reifen.

Denn mit einer Ministerin (Krens Mutter Brigitte erweist sich als echte Szenediebin) samt ihrer Entourage – dem „Klimakompetenzteam“ – trifft auch Tanja (Edita Malovcic aus „Der Knochenmann“) ein, die Ex des unglücklichen Janek, der sich mit Wiener Schmäh herrlich durchgrantelt. So knapp die Figuren charakterisiert sind, Kren gelingt sein Handwerk bravourös. Er und der Produzent von „In 3 Tagen bist du tot“ machen aus wenig viel.

Einsamer Stern am deutschen Genrehimmel

Hysterie und Gefühls-Chaos des menschlichen Biotops treffen damit auf ein Kalter-Schweiß-Belagerungsszenario: Draußen tobende Wolpertinger, drinnen fallen Not-Operation für Laien an – ein hübsch angerichteter Spaß, dessen Baby-Ende phänomenal ausfällt. Im einsamen Stern am deutschen Genrehimmel darf man blutbesudelt Beziehungsfrieden schließen und dann in eine finstere Zukunft fliegen, ganz zärtlich und verstörend.

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