DVD/BD-Start: 18.02.2015
Der Titel mag holprig klingen – aber das selbst geschriebene und selbst produzierte Low-Budget-Debüt des Jungfilmers Alejandro Hidalgo verbindet auf großartige Weise die Bedrohung von Alejandro Amenábars Schauerstück „The Others“ mit Nacho Vigalondos Thrillerkomplex „Timecrimes“ und der überwältigenden Unerklärlichkeit von Gustavo Mosqueras Zeitschleifenmystery „Möbius“ zu einer kleinen südamerikanischen Filmperle.
Ohne den Zuschauer zu betrügen, suggeriert der Venezolaner Hidalgo zunächst ein Haunted House Movie, einen Suspensehorror, der einige Spannungsregister zieht und sehr wirksam Bedrohlichkeit aufbaut. Der unbekannte Terror rüttelt an Türen, greift nach den Kindern, rumort im alten Gemäuer. Ein Thriller erblüht, der konkrete Gefahren beschwört, Eindringlinge, von denen man höchstens den Arm sieht, „Them“ eben.
Bis dahin entwickelt Hidalgo zwar durchaus einen eigenen Stil, der aber auch von manchem inszenatorischen Defizit rührt und in Rückblenden seine Zeitebenen nicht immer übersichtlich, dafür geheimnisvoll verquickt. Geltende Genrezuschreibungen sprengt er schließlich, wenn Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf rätselhafte Art verschmelzen und sich etwas scheinbar Simples durch drei Twists zur Sensation steigert.
Alles, was vorher merkwürdig erschien, ist nun auf geniale Weise rund und zu einer frappierenden, melodramatischen Familien-Tragödie gereift, die in einem Möbiusband steckt, einer Zeitschleife, die aufgewühlt zurücklässt. Ohne Spektakel und Effektzauber, nur durch wenige Wendungen sprengt Hidalgos Vision den Verstand, gibt in vergilbten, grünlich-braunen Bildern ein packendes Rätsel um Zeit, Tod, Schicksal und Liebe auf.
Der Kampf um eine Seele, während die Zeit durch die Finger rinnt, geschieht einerseits innerfamiliär gegen einen geisteskranken Ehemann, aber es spiegelt sich auch die Historie des Gemäuers, errichtet von einem obskuren europäischen Erbauer auf der Suche nach der Wahrheit der Schöpfung, was er mit dem Verschwinden seiner Angehörigen bezahlte. Das ist religiös konnotiert, von Glauben und der Suche nach Gott durchwirkt.
Landestypischer Katholizismus sowie der mystische Santeria-Kult spielen ihre Rolle: einmal in Form eines Dulce beistehenden Priesters, der spürt, wie etwas Böses in dem Haus geschieht und der auf die Spur des „great architect eye“ kommt; zum anderen durch ein blindes Medium, die über die Zeit hinaus sehen kann, was sie in einer Séance Grauenvolles entdecken lässt, in einer von einigen satten Aus-dem-Kinosessel-Hochschreckern.
Dies überzieht dennoch seinen Horrorgehalt nie, gräbt aber etwas zutiefst Beunruhigendes aus, formt sich allmählich zu einem Gebet zum Tag des jüngsten Gerichts. „We’re just puppets of this house where time has come to an end“: Das bedeutet nicht, dem gespenstischen Wirken einer höheren Macht ausgeliefert zu sein, sondern, melancholisch und emotional überwältigend, Leben zu retten und lose Schicksalsenden zusammenzufügen.
Hidalgos Erstling schreit praktisch nach einem englischsprachigen Remake, aber wie heißt es so schön: Nur Original ist legal.
Der Trailer ist bisher nur auf spanisch abrufbar