Pompeji 3D

Pompejis 3D-Untergang zwischen Liebesmelodram und Katastrophenspektakel ist technisch ausgereifter, grandioser Camp.

Pompeji 3D Cover

Pompeii, Paul W.S. Anderson, USA/D/CA 2014
Kinostart: 27.02.2014, DVD/BD-Start: 07.08.2014
Story: 14 Jahre, nachdem er als kleiner Junge ein Massaker des bösartigen Senators Corvus an seinem Keltenstamm als einziger überlebte, kehrt der seitdem versklavte Milo als Gladiator nach Pompeji zurück. Als sich Kaufmannstochter Cassia in ihn verliebt, fordert Corvus seinen Tod, derweil der Vesuv ausbricht.
Von Gnaghi

Der für kommerziell einträchtigen Genre-Trash wie die „Resident Evil“-Reihe bekannte Anderson legt ambitioniertes Historienkino vor, in dem sich „Gladiator“-Actionkämpfe mit der traurigen Lovestory über Klassenschranken hinweg aus „Titanic“ mit einem klasse getricksten Katastrophenspektakel à la „Dante’s Peak“ vereinen. Eine mit jedoch faden Figuren versehene, romantische Vision, deren Gespräche erheitern.

Statt Trash müht sich Anderson um Drama, Würde und Gewicht, was aufgrund des Programms im Autopiloten, vor allem aber durch schwache bis dämliche Dialoge zu echtem Camp gerät. An Unterhaltungswert mangelt es trotz schwacher Charakterisierungen damit wahrlich nicht, auch wenn viele Darsteller arg unterfordert sind (Jared Harris und speziell „Matrix“-Lady Carrie-Anne Moss), derweil Kiefer Sutherland („24“) überagiert.

Courage, den Gefühlen freien Lauf zu lassen

Seine überzeichnete Rolle als Fiesling sorgt auch dafür, dass dieser Kampf Guter gegen Böser bis zuletzt ausgefochten werden muss und zusammen mit dem naiven Melodram eine lustige Seifenoper ergibt. Andererseits hat Anderson den unbedingten Mut zu einer weihevollen Elegie und auch wenn sie durch unfreiwillige Komik sabotiert wird, muss man dieser Courage, den Gefühlen einmal freien Lauf zu lassen, Respekt zollen.

Und „Titanic“ war ja auch ordentlich kitschig. Davon abgesehen, steht „Game of Thrones“-Mitstreiter Kit Harington als Sixpack-Kelte und Pferdeflüsterer seinen Mann in einer herrlich homoerotischen Männerfreundschaft mit „Thor“-Algrim Adewale Akinnuoye-Agbaje. Look und Ausstattung mögen der Serie „Rome“ entsprechen, Drehbuch und Schauspielführung hingegen steigern das Vergnügen definitiv unabsichtlich.

Rache der Götter an einem Sodom und Gomorrha

Angenehm sachte, schöne Impressionen aus der Vogelperspektive lassen die liebliche Hafenstadt ganz natürlich – und nicht nach CGI – aussehen, in gemächlichem Tempo fädelt Anderson sein Drama ein, findet immer wieder zu den stimmigen (Natur)Kulissen und einigen ganz heutigen Verhaltensweisen, die kein Kostümwerk, sondern – zwischen manch plakativen Szenen – eigentlich ganz normale Menschen zeigen.

Rasch steht aber die moralische Verkommenheit der Todesspiele im Colosseum, ruchlose Intrigen und ein Massaker an wehrlosen Aufständischen im Zentrum. Wodurch die brodelnden Emotionen, die mit dem bebenden Vulkan korrespondieren, bald ausbrechen: zu einer Rache der Götter an einem dekadenten Sodom und Gomorrha – nicht der einzige biblische Bezug, denn ein Hauch Sakralsymbolik durchweht das optisch gelungene Treiben.

Der Katastrophenfilm zieht alle Register

Das schlägt sich nicht nur in den routiniert bis packend gestalteten Arenakämpfen nieder, die Spuren von „Ben Hur“, „Conan“ und mit der Anklage gegen Unterdrückung auch von „Die Tribute von Panem“ aufweisen. Es legitimiert ein finale grande, wenn in Roland-Emmerich-Bombast der Berg Verderben spuckt und der Katastrophenfilm alle Register zieht: Meteoritenschauer, Tsunami, trümmerreiche Einstürze, pyroklastischer Strom.

Mögen die Gefühlsexpressionen einer dem Tode geweihten Amour fou auch misslingen – dass der Regisseur von „Event Horizon“ für seinen hochromantischen Traum ein solches Risiko in einem technisch sonst so perfekten Untergangs-Spektakel eingegangen ist, imponiert mir, auch wenn er daran scheitert. Mit Robert Harris’ „Pompeji“ als Romanvorlage hätte sich dieser Tanz auf dem Vulkan wohl für Höheres qualifiziert.

http://www.youtube.com/watch?v=XoHlsiA08dY

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