Essen Schlafen Sterben

Poetisch-dokumentarisches Porträt einer jungen Immigrantin, die in bitteren Rezessionserlebnissen ihre Hoffnung bewahrt.

Essen Schlafen Sterben Cover

Äta sova dö, aka Eat Sleep Die, Gabriela Pichler, SW 2012
Kinostart: 20.03.2014
Story: Die 21-jährige Muslima Raša schuftet energisch am Fließband einer Nahrungsmittelfabrik, dem größten Arbeitgeber eines schwedischen Provinzkaffs und sorgt für ihren arbeitsunfähigen, serbokroatischen Vater Pappan. Als ihre Stelle wegrationalisiert wird, kämpft die Ausbildungslose um einen neuen Job.
Von Thorsten Krüger

Newcomerin Nermina Lukač ist als Einwanderertochter Raša eine Wucht, eine stabile Powerfrau, streitbar und resolut. Sie steht mit beiden Beinen auf dem Boden, der ihr jedoch weggezogen wird, als man sie entlässt und ihr keine Chance gibt, eine neue Stelle zu finden. Sie ist immer in Bewegung, wie die unruhige Kamera, die weder Sicherheit noch Überblick gestattet. Ein Arbeiterklassedrama im jungen Stil des Free Cinema.

Gabriela Pichlers Debüt, ein Milieuporträt von rohem Realismus wie eine Doku am Puls der Zeit, aber voller Empathie und einigen poetischen Stimmungsbildern, folgt mit seinem Jump Cuts dem Sozialkino der Dardenne-Brüder („Das Kind“), hat die Ausdrucksstärke des frühen Lukas Moodysson („Raus aus Åmål“), einen Hauch von Karyn Kusamas Erstling „Girlfight“ und viel vom neorealistischen Klassiker „Fahrraddiebe“.

Geschichte voller Hoffnung, die sich nie erfüllt

Denn wie in De Sicas Nachkriegsdrama benötigt Raša ein Gefährt, hat aber keinen Führerschein, ohne den sie den Job nicht bekommt. Vom Arbeitsamt im Stich gelassen, zeigt sie Eigeninitiative, doch man verweigert ihr jede Option. Obwohl es für ihre Generation unmöglich ist, seinem Traum zu folgen, bebt dieses Energiebündel vor Kampfgeist. „Essen schlafen sterben. Das soll das Leben sein?“, lautet das unerfreuliche Fazit.

Während Pichler die demoralisierende Wirkung und die psychische Belastung der Arbeitslosigkeit nachvollziehbar auf den Punkt bringt, widmet sie sich nebenbei ironisch Religion und Ethnie, Einwanderung und Diskriminierung. Überhaupt sind die Menschen harmlose Zeitgenossen und Rašas kraftvolle Geschichte kein Lamento oder Trauerstück, wenn auch eine voller Hoffnung, die sich nie erfüllt. Dies mag bitter sein. Aber nie resignativ.

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