Kinostart: 01.05.2014, DVD/BD-Start: 24.09.2014
Eigentlich bietet der Abschlussfilm von Cannes 2013 starken Toback – wenn er a) ein besseres Drehbuch und b) einen fähigeren Regisseur hätte als Jérôme Salle, bekannt für seine beiden comicbasierten „Largo Winch“-Actionabenteuer. Zwischen „Lethal Weapon“-Klischees, schockierenden Gewaltausbrüchen und Politthriller findet der Franzose in seinem stilistischen Steinbruch nur selten die richtigen Ausdrucksmittel.
In dem unausgegorenen Cocktail aus Film Noir, Charakterstudie, Crimeaction, Verschwörungsthriller um ein hässliches politisches Erbe und Porträt eine brutalisierten Landes passt wenig zusammen. Einmal, weil die unsensible Montage alles abgehackt zusammenwürfelt, zum anderen, weil Salle alles will und dadurch nichts erreicht. Sein inkonsistenter Tonfall wechselt andauernd zwischen Genre, Arthaus und Exploitation.
Teils gewinnt er seinem primären Krimi, in dem sich fast alles um Sexualität und Gewalterfahrungen auf traumatischer Ebene dreht, eine intensive Atmosphäre ab, wenn der Wind über die Strände unter dem Tafelberg heult und die Kamera zwischen dem Gangland der Township-Slums à la „City of God“, offenen Wüstenlandschaften und beengten Hexenkesseln einen bedrückend realen Hintergrund vom gefährlichen Leben dort vermittelt.
Aber die Regie würgt diese Stimmungen regelmäßig mit aufgesetzter Genre-Manier ab, wobei der gegen sein Image anspielende Bloom („Herr der Ringe“) als herumhurend-verkrachter Suffkopf eine misslungene Parodie auf Mel Gibsons Riggs bietet. Besser schlägt sich Whitaker („Der Butler“). Dann sind ein Säufer und ein Kastrierter Sinnbild des mentalen Zustands eines geschundenen Landes, in dem nur die Schandtat floriert.
Vertuschung, Korruption und Verschwörung bilden die Verbrechenskoordinaten einer verfaulten Nation, in den besten Szenen ein unkontrollierbarer Gewaltalptraum. Als sich „Project Coast“ herausschält, der Bau einer ethnischen Bombe, einer Chemiewaffe zum Massenmord an den Schwarzen, wird es richtig schmutzig. Schreiende Menschen allein aber bedeuten keine Empathie – „Zulu“ funktioniert emotional nicht.
Es geht um Vergebung oder Vergeltung, um den Umgang mit dem Hass von Generationen, ein Stolpern in die Abgründe mit dem Zulu-Schlachtruf „Bazhokala“. Das hat etwas Ungelenkes, aber auch Ungeschliffenes, ein genuines multiethnisches Sprachgewirr, das sein Sujet weder politisch noch psychologisch oder sozial trotz vieler Ansätze einfach nicht ausschöpfen will und statt dessen oft schon ein wildes Kolportage-Garn spinnt.
Aber das ist genug, um wenigsten eine Ahnung von den mörderischen Verwerfungen Südafrikas zu erhalten, das durch den Tod seiner Vaterfigur Nelson Mandela womöglich ferner denn je vom innerem Frieden entfernt ist.