Kinostart: 20.03.2014
In 14 von unbewegter Kamera ungeschnitten gefilmter Kapitel – in Anlehnung an die 14 Stationen von Jesu Kreuzweg – exerziert Dietrich Brüggemann („Renn, wenn du kannst“) in Zusammenarbeit mit seiner Schwester Anna ein formal extrem strenges und ebenso anstrengendes Tableau-Thesen-Drama darüber, wie destruktiv das Gehirnwäschepotenzial des christlichen Fundamentalismus ist, bis zum bitteren Ende durch.
Und weil das so gefühlskalt wie die beiden Erziehungsberechtigten bleibt, wird dieses Bühnenkammerspiel zu einer einzigen Qual. Als wenn man nicht wüsste, dass religiöser Fanatismus ein hässliches Kontroll- und Herrschaftsinstrument ist, das die bösesten (Schuld)Psychosen auslösen kann. Ganz ähnlich wie Hans-Christian Schmids „Requiem“ driftet ein unschuldiges Mädchen in eine fixe Wahnidee – sie will sich Gott opfern.
Die Perfektion der Inszenierung sowie die hervorragenden Darsteller – die zart-anmutige Lea van Acken sollte eine große Karriere vor sich haben, Franziska Weisz („Hotel“) spielt diabolisch gut – dienen einzig dazu, jede Szene ganz perfide und kühl auf den Beweis der psychischen Brutalität solcher Erziehung auszulegen; und nichts anderes. Womit „Kreuzweg“ in dieser Hinsicht gelingt und deshalb so gut wie unerträglich ist.
Denn wozu man sich diese Tortur antun soll, bleibt offen. Zwar steckt darin auch ein abgewürgtes (oder: auf bizarre Art vollzogenes) Coming of Age, in dem ein Mädchen so grotesk irregeführt wird, dass sie sich Gott als Opfer für ihren autistischen jungen Bruder hingeben will, was den Wunder-Glauben obendrein festigt. Vor allem aber bläut einem Brüggemann die notorische Lebens- und Lustfeindlichkeit kirchlicher Extremisten ein.
Im Unterricht lernen die Jugendlichen, Soldaten Christi für die Seelenrettung anderer zu werden und gegen das Wirken Satans (der im modernen Lebensstil steckt) zu kämpfen. Dass Marias persönlicher Satan ihre unduldsame Mutter ist, wird jedem offenbar und demonstriert, wie überzogen „Kreuzweg“ ausfällt: In rigider Befehlston-Diktatur und mit Psychoterror bricht die Horror-Mutter jeden Widerstand ihrer Tochter.
Da diese keine „Carrie“ ist, will sie der Person, die generell alles, was sie sagt und tut, negativ auslegt, gefallen – nicht Gott, sondern ihre Mutter ist allmächtig und agiert voller Sarkasmus als sadistischer Inquisitor. Eine wohlfeile Fanatismus-Verurteilung, aus der nichts Lebendiges entsteht, kein Konflikt um grausam unterdrückte Selbständigkeit, sondern nur ein ermüdendes und unnahbares quod erat demonstrandum.
Na schön. Und jetzt bitte dasselbe zum Islam – wenn Brüggemann die Eier dazu hat.