Plötzlich Gigolo

Gemächliche Sittenkomödie um einen Mann für gewisse Stunden, der die jüdische Moralpolizei in Brooklyn alarmiert.

Fading Gigolo Cover

Fading Gigolo, John Turturro, USA 2013
Kinostart: 06.11.2014, DVD/BD-Start: 10.03.2015
Story: Als der Brooklyner Buchhändler Murray seinen Laden schließen muss, überredet er seinen langjährigen Freund, den Floristen Fioravante, als Callboy reiche Damen zu verwöhnen, die Murray vermittelt. Der Gigolo verliebt sich dabei in die chassidische Witwe Avigal, was allen Ärger mit Sittenwächtern einbringt.
Von Sir Real

Independent-Star John Turturro („O Brother, Where Art Thou?“) koaliert mit Woody Allen in einer sehr allenesk ausgefallenen Komödie, die zwei Storys in 90 Minuten bietet: Einmal ein moderat frivoler Sittenspaß um den Stadtneurotiker als Zuhälter und Turturro als sein Gigolo, dem die lüsterne New Yorker Damenwelt zu Füßen liegt (u.a. Sharon Stone und Sofía Vergara). Was aber weder Buddy-Comedy noch Erotik ausschöpft.

Daraus erwächst zum anderen das platonische Liebesmelodram zu einer jungen jüdischen Witwe (mit sexy Zahnlücke: Johnny Depps Exfrau Vanessa Paradis), die eine Eifersuchtsgeschichte auslöst. Denn der Sittenpolizist der orthodoxen Gemeinde (Liev Schreiber) begehrt sie ebenfalls, was immerhin ein unerwartetes Ende bedingt. Wo Liebe ist, ist Schmerz, sagt Turturro, bleibt den Beweis aber schuldig: seine Figuren gehen nicht nahe.

Amüsantes Kulturwerk um Lebensart

Eigentlich stünden der lässig-stilvollen, auf liebevollen Retro-Look aus hautwarmen Brauntönen setzenden Komödie alle Türen offen. Der nervöse Allen und der lakonische Turturro harmonieren ideal, schlagen aber zu wenig Funken aus ihrer Liaison. Etwas schwerfällig schauen sie ins leicht bizarre Brooklyner Biotop und erweitern dieses Milieu um vermögende Damen auf der Suche nach einer verruchten Ménage-à-trois.

Als Sittengemälde der chassidischen Juden ist „Fading Gigolo“ nicht satirisch-kritisch genug, sondern schont die Religion, obwohl diese nur Verbote kennt und Frauen dem Islam ähnlich lebensfeindlich umklammert. Für Orthodoxe zu anzüglich, für normale Menschen zu harmlos. Daneben gefällt sich das Duo zu sehr in seiner Verführer-Rolle, ruft damit mehr ein amüsantes Kulturwerk um Lebensart mit schönen Crooner-Songs aus.

Für Therapiezwecke angezettelte Romanze

Dabei wäre die Romanze, angezettelt für Therapiezwecke zwischen einem rücksichtsvoll-einfühlsamen Mann und einer hübschen Einsamen, die erstmals wieder berührt wird und darüber aufblüht, absolut phantastisch. Dies bleibt jedoch hingehaucht und endet unmotiviert. Derweil kennt die Regie zwar skurrile Gespräche, schaut aber nicht in die Psyche und überlässt dem Zuschauer zu viele Gedanken. Was doch etwas dünn ist.

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