auf DVD erhältlich
Mit dem Präzisions-Film-Noir „Im Schatten“ über den Asphaltdschungel Berlins bewies Thomas Arslan große Stilstärke, die er auch in diesem bereits letztes Jahr auf der Berlinale vorgestellten und nun längst auf DVD erhältlichen historischen Abenteuer beibehält. Weniger ein Spätwestern, sprich: Genrewerk nach US-Vorbild, denn ein exzellent naturalistischer (und bei Naturlicht gedrehter) Arthaus-Trip ins „Herz der Finsternis“.
Nina Hoss und Lars Rudolph sind die bekanntesten Akteure eines siebenköpfigen Fähnleins eigenbrötlerischer deutschstämmiger Aussiedler, die bitterer Armut und Rache entfliehen wollen und im Goldrausch ihre letzte Hoffnung auf die Schürferstadt Dawson setzen, die nur durch eine sechswöchige Reise per Planwagen durch unberührte kanadische Wildnis zu erreichen ist – eine beschwerliche Expedition, für die sich keiner eignet.
Ihr vom Pech heimgesuchter Treck fällt nach und nach den Gefahren zum Opfer, auf Achsen- und Knochenbruch folgen Wahnsinn und Tod in dieser wunderbaren, fast beängstigend unbehausten, widrig verwachsenen Wildnis. Eine Mischung aus „Meek’s Cutoff“ und „Into the Wild“ mit Zügen von „Dead Man“, begleitet von dunklen-lakonischen Tönen, nüchtern-ernst inszeniert mit sparsam-herben Figuren, knapp skizziert, aber authentisch.
„Ade, du mein lieb Heimatland“, singt Barde Rudolph, doch er meint: Ade, Zivilisation. Nur selten treffen sie auf menschliche Spuren, finden Katatonische und die Leichen von Selbstmördern. Verzweiflungsland pur. Und ihr körperlich-seelischer Zerfall schreitet unaufhaltsam voran. Es gleicht ein wenig der Transition in ein Totenreich, wie bei Joseph Conrad oder du Welz’ „Vinyan“. Nicht mythisch raunend, sondern sachlich.
Aber schwer beeindruckend. Die beengenden Ansichten des unberührten borealen Nadelwalds, die Formen und Farben der Natur bedingen einen Landschaftsfilm, in dem der Mensch verloren gehen muss: Verdreckte, zauselige, aber doch normale Gestalten, die in diesem Abgesang auf den amerikanischen Traum keine Chance haben. Und wenn doch, so wie das zueinander findende Pärchen, stirbt ihr Glück durch Menschenhand.
„Wir müssen zusammenhalten“, mahnt einer der Exil-Deutschen, aber davon kann keine Rede sein. Ihr beratungsresistenter Führer erweist sich als Scharlatan (eine NS-Anspielung?), der arrogant Indianer verachtet, die ihnen ihre Hilfe anbieten. Es ist dieses verkrachte Häuflein selbst, das sich am ärgsten im Wege steht, die Umkehrung der glorreichen Sieben – weil sie den Belastungen dieser Reise ohne Wiederkehr nicht gewachsen sind.