DVD/BD-Start: 02.07.2015
Eigentlich sollte das sündteure Prestigeprojekt zum 200. Geburtstag des klassischen Literaten 2009 fertig werden, was unter der Spielleitung von Pulp-Filmer Oleg Stepchenko („Velvet Revolution“) glatte fünf Jahre länger dauerte. Der optisch grandiose, krass konfuse Mix aus Burleske und Gruselfantasy steht im Grimmschen Geiste und von „Sleepy Hollow“, ist Art Historienvariante von „Wächter der Nacht“ abzüglich der Coolness.
Die chaotische Schauermär hat kaum etwas mit der sowjetischen Adaption von 1967 zu tun, geschweige denn Mario Bavas „Die Stunde, wenn Dracula kommt“, der ebenso auf Nikolai Gogols Kurzgeschichte „Der Wij“ von 1835 basiert. Übrigens war Gogol Ukrainer, der auf russisch schreiben musste, weil seine Sprache verboten war. Diese dreiste imperiale Vereinnahmung erinnert fatal an die aktuelle Krim-Rüpelei.
Die dunkelromantischen Mythenwälder sind edelfarbig, bühnenhaft künstlich ausgeleuchtet und bestechen mit liebevollen, krummen und schiefen Bauten, die verfluchten Sümpfe werden von fantasievoll gestalteten Monstern bewohnt. Dieser Ausstattungsaufwand verwöhnt mit superbem Look. Aber erstens wird die Materialästhetik in einem Overkill an artifiziellen (und oft vermurksten) Computereffekten enorm entwertet.
Zweitens lässt Stepchenkos heillos überforderte Regie miese Schauspielleistungen und hanebüchene Dialoge vom Stapel, begnügt sich mangels eines kohärent-ausgearbeiteten Scripts mit Posen statt Plot, beherrscht weder Action noch Drama. Den Rest zerhackt ein unsachgemäßer, hektischer Gaga-Schnitt, so dass nichts auch nur ansatzweise Sinn ergibt und er keine einzige Szene hinbekommt, die sich zu irgendetwas entwickeln kann.
Hauptsache, es gibt drei F/X-Shots in 3D pro Minute, auch wenn deren Qualität wie in „Bibi Blocksberg“ aussieht. In dieses Verhau gelangt Jason Flemyng („Snatch“) als unverzagter Erfinder, der in einer Steampunk-Pferdekutsche anrollt. Er trifft auf ein buntes Völkchen, das sich wie ein Eingeborenenstamm gebärdet, primitives Pack mit Punkfrisuren, entweder besinnungslos besoffen oder einem mit dem Messer an die Kehle wollend.
Mit rustikalem Humor (plus eine notgeile Hexen-Oma als Running Gag) vertreiben sich die abergläubischen Kasperl die Zeit bis zur Gruselstunde, wo ein ganzes Bestiarium aggressiv kreucht und fleucht, eine Phantasmagorie inspiriert von Guillermo del Toros Kreationen. Der Haufen hirnamputierter Kosaken wird im Namen der Kirche von einem fiesen Pfaffen zum Lynchmob aufgehetzt, woraus rumpelnde Action resultiert.
Wie man all die klasse Motive so dermaßen ruinieren kann, ist angesichts der kunstvollen Kulissen schon die reinste Talentverschwendung. Unter diesen Voraussetzungen hätte wenigstens ein Folklore-Lustspiel gelingen müssen, um eine Ichabod-Crane-Figur, die einen Fluchfall löst. Dagegen hilft selbst kein schützender Kreidekreis mehr. Märchendüsternis findet sich viel gelungener in „Pakt der Wölfe“ oder „Die Schöne und das Biest“.