In Sarmatien

In Sarmatien Cover

Volker Koepp, D 2013
Kinostart: bereits angelaufen (20.03.2014)

Mit einem locker strukturierten Reisetagebuch fängt Volker Koepp das momentane Lebensgefühl in Osteuropa ein. An das antike Sarmatien, diesen Lebensraum zwischen Ostsee und Schwarzem Meer, Weichsel und Wolga, hat Koepp seit jeher sein Herz verloren. Er folgt gewissermaßen den Spuren des ostpreußischen Dichters Johannes Bobrowski (1917 – 1965), dessen Strophen aus „Sarmatische Zeit“ anklingen. So begibt sich Koepp, der viel aus dem Off kommentiert, auf eine persönliche Erinnerungsreise an sein eigenes, mehr als vier Dekaden umspannendes Œuvre.

Er sucht Drehorte aus „Herr Zwilling und Frau Zuckermann“ (1998), „Kalte Heimat“ (1995) oder „Kurische Nehrung“ (2001) auf, führt kurze Gespräche mit alten Bekannten im Wechsel mit Momenten der Kontemplation. Koepp ist ein geübter Stimmungsfänger, der sich in die Landschaften seiner Träume versenkt – allerdings fällt der lyrische, berauschende Gehalt geringer als in früheren Doku-Reisen aus. Gleiches gilt für die zunächst kursorischen Interviews, die sich aber bald zur aufschlussreicheren subjektiven Situationsbeschreibung von Alt und Jung entfalten.

Koepp versenkt sich in den Landschaften seiner Träume

Damit lernt man einiges über die Zerrissenheit der Menschen zwischen Europa und Russland. Nicht nur jene, die in den Killing Fields von Weißrussland und der Ukraine erst Hitler, dann Stalin überlebt haben, sind schlecht auf Russland zu sprechen. Jeder hat Angst vor dem imperialistischen Gebaren und der kulturellen Rücksichtslosigkeit der Militärmacht, deren Verbrechen der Vergangenheit keiner vergessen hat. Einschüchterung und Abwertung dieser schutzlosen Volksgruppen durch den groben Nachbarn lässt sich auch bei den Ukrainern auf beklemmend prophetische Art heraushören.

Jenseits nachrichtlicher Aktualität, wenn es nicht gerade um schwierige politische Verhältnisse geht, die es zu verbessern gilt, kann man aber Lebenslust und Heimatliebe der ihrem Vaterland Verbundenen heraushören, die nicht selten auf Deutsch antworten. Denn es kommen fast nur westlich orientierte, aufgeschlossene „Pendler“ zu Wort – Reaktionäre trifft Koepp bei seinem Zufallsbekanntschaften nicht. Bei seinen Wanderungen wirkt die alte Zeit in die neue, Bedrohung und Sorgen sind greifbar – aber die Hoffnung, nie aufzugeben, lebt fort, begleitet von lieblichen Akkordionmelodien.

Thorsten Krüger

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