Kinostart: 24.04.2014
Die ästhetisch bestechende Eingangssequenz bleibt eine Ausnahme. Sonst zeigt sich die Kamera kaum kunstbewusst und beschränkt sich auf Alltagsaufnahmen eines separierten Pärchens, das gemeinsam zum verletzten Sohn fährt. Im Gegensatz zur lyrischen Meditation „Schwarzer Ozean“ haftet dem neuen Film der erfahrenen belgischen Regisseurin Marion Hänsel etwas dermaßen Unscheinbares an, dass man sich wundert.
Doch ihre zwanglose Betrachtung von Menschen und ihren Eigenschaften, ihrer Macken und Vorzüge geschieht mit akkurater Präzision, nur subtil genug, um einen zu täuschen. Aber mit leiser, unaufdringlicher Beschwingtheit, auf liebenswerte und erwachsen sensible Weise, die sowohl Drama als auch Melodram vermeidet. Und am Ende doch bewegt, weil einem diese Menschen unbemerkt längst ans Herz gewachsen sind.
Darin zeigt sich Hänsels heimliche Könnerschaft, die ganz auf sichtbare Kunstfertigkeit verzichtet. Entspannt komisch und musikalisch heiter liefert sie indirekte Anhaltspunkte, was ein Ehepaar einte und trennte, wie sich beide verändert haben. Trotz ihrer kleinen Mängel sind sie auf ihre Art liebenswert, wenn auch im Spannungsfeld von Vertrauen und Misstrauen die mauerblümchenhafte Lise (Marilyne Canto) den Vorzug erhält.
Das ist ein Stück weit Emanzipationsgeschichte, wenn sie von der Machomentalität ihres Ex loskommt und im Kampf mit der Tücke der Technik eigene Wege geht. Ein Film über Bewegung – was im Grunde den bittersüßen Nachklang ausmacht: Denn Hänsel hat keine übliche Familienheilung vor, sondern eine begrenzte Zusammenkunft. Am Ende kehren alle wieder in ihr separates Leben zurück. Man vermisst sie augenblicklich.