Kinostart: 04.09.2014, DVD/BD-Start: 13.02.2015
Der Originaltitel des Venedig-Gewinners (Beste Regie für Uberto Pasolini, Luchino Viscontis Neffe und Prdouzent von „Ganz oder gar nicht“) gibt Form und Inhalt viel eleganter wieder. Der britische Nebendarsteller Eddia Marsan („Sherlock Holmes“) berührt in seiner ersten Hauptrolle so wie diese Ode an den Wert der Menschlichkeit, die so leise tragikomisch ausfällt, dass sie fast ein Drama ist. Eines, bei dem die Tränen kullern.
Entgegen des schwülstigen deutschen Titels entsagt sich Pasolinis Stil aller Sentimentalität – er ist so lautlos und gemächlich wie seine Hauptfigur, wobei es nicht geschadet hätte, einige lahme Szenen zu kürzen. Aber in dieser unspektakulären Bescheidenheit steckt erstens System, nämlich einen Einzelgänger und Leisetreter zu porträtieren, und zweitens die unerschütterliche Ruhe, tiefsinnig über Einsamkeit und Tod nachzudenken.
Es mag ein paar zu stille Momente geben, so vorsichtig und schweigsam wie der pedantische John May selbst, dessen teilnahmsvolles Engagement niemand zu schätzen weiß. Wie er die letzten Angelegenheiten von Verachteten, Verfemten und Vergessenen klärt und in seiner letzten Akte – der gegenüber von Johns Wohnung verwahrlost verstorbene William Stoke – auch sein eigenes Leben abwickelt, arbeitet auf ein bittersüßes Ende hin.
Dieses überwältigt dermaßen, da der Anstandsbürger mit seinem Ordnungssinn für Schmunzeln sorgt, die sparsame lichte Musik mitfühlende Leichtigkeit evoziert, aber keineswegs wappnet für eine derartige existenzielle Pointe darüber, was vom Tage übrig bleibt, wenn das Wirken eines beseelten Beamtentyps zu Lebzeiten von desinteressierten Zeitgenossen unerkannt bleibt, dass ihn nur die Toten seine Verdienste zu würdigen wissen.
Davor legt die nicht grundlos in Londons Umgebung angesiedelte Geschichte Zeugnis von der pietätlosen Achtlosigkeit des Neoliberalismus ab und wie schwer es einem unscheinbaren Nobody fällt, von anderen, speziell Hinterbliebenen, menschliche Wärme einzufordern, die diese nicht zu geben bereit sind. Als er Kelly (Joanne Froggatt) und weitere auf engelsgeduldige, mitunter komische Weise dazu bewegt, schlägt das Schicksal zu.
Das fällt erschütternd und herzbewegend, traurig und wunderschön gleichermaßen aus und beschäftigt einen noch lange Zeit später. So, wie Fotos das Andenken an die Toten bewahren, sollte auch Charaktermime Marsan, der stets unerkannt Großes leistete, mit diesem feinsinnigen Auftritt eine Würdigung erfahren – die auch der herzbewegenden Hommage an die Philanthropie von der Klasse eines „Venezianische Freundschaft“ zusteht.
Klingt sehr sehr gut 🙂