Metalhead

Wiederholt nahegehendes Coming-of-Age um eine traurige Teenie-Braut, die ihren Schmerz in einem isländischen Kuhdorf hinausschreit.

Metalhead Cover

Málmhaus, Ragnar Bragason, IS 2013
DVD/BD-Start: 28.11.2014
Story: Als Hera 12 ist, wird ihr angebeteter Bruder durch einen Mähdrescherunfall aus dem Leben gerissen. Hera übernimmt seine Persona – Lederjacke und E-Gitarre -, um Trauer und Wut mit Heavy-Metal-Riffs auszudrücken. Nach Ende ihrer Schulzeit nimmt ihre Rebellion destruktive Ausmaße an.
Von Gnaghi

Erbaulich-Rührseliges für die Wacken-Fraktion sendet einer der profiliertesten Regisseure Islands, Ragnar Bragason („Fiasko“, „Kinder“), in den Äther: Die traurige Rebellion eines missverstandenen Teenagers (zum Niederknien: Thora Bjorg Helga aus Baltasar Kormákurs „The Deep“), ein in wenigen Strichen genau getroffenes Coming of Age eines Schwarzen Schafs im ländlichen Spießer-Milieu mitten in den 80er Jahren.

Der milchig-trübe Look des Biedermeier-Bauernhofs und der braven Bürger gerinnt in keinem Augenblick zu Stereotypen, weil es alle seine Figuren ernst nimmt, aber auch genug dunkle Komik kennt, um den psychologischen Hilferufen eines Mädchens, die keiner erhören will, viele Facetten abzugewinnen. Dass die Zeit keine Wunden heilt, widerlegt Bragason am Ende, aber es ist wahrlich ein steiniger Pfad zur Trauerbewältigung.

Begeistert nicht nur Jünger klassischer Metal-Heroen

Diese haben Heras Eltern nämlich verweigert, was ihre Ehe beträchtlich belastet und aus Hera eine wortkarge Einzelgängerin macht, die ihren Frust in der Einöde im Alkohol ersäuft, Grundzustand: angepisst. Sie lebt mit Fuck-You-Attitüde in ihrer eigenen Welt der Metal-Götter, ein Asgard der harten Riffs, mit denen sie die Scheune rockt. Die wilde Braut begeistert damit nicht nur Jünger klassischer Hardrock- und Metal-Heroen.

Wie eine gebrochene Seele ihrem Schmerz Ausdruck verleiht, weil sie keiner verstehen will, wie sie, vom Tode besessen, zunehmend Schaden anrichtet, bis sie aus Wut auf Gott die Kirche niederbrennt, das ist schon ein unheimlich starkes Drama, das Bragason lakonisch gefühlsgenau ansetzt. Die Einwohner mögen verschreckt sein, sind aber empathisch und im Rahmen ihrer Möglichkeiten um ihren aggressiven Spross bemüht.

Widerlegt, dass die Zeit keine Wunden heilt

Nichts ist unverzeihlich oder nicht zu bewältigen, Erlösung kommt auch in Form einer sehr komischen Band, die ihr Demo veröffentlichen will, was zu Heras erstem Gig führt, vor konsterniertem Publikum in der Dorfhalle. Diese Sinn- und Platzsuche aus einer Zeit, als Metal noch echter Bürgerschreck war, lässt eine Familie zusammenhalten und gemeinsam abmoshen, in einem Express-Yourself-Through-Your-Art-Movie.

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