Höhere Gewalt

Höhere Gewalt Cover

Turist, aka Force majeure, Ruben Östlund, S/DK/N 2014
Kinostart: 20.11.2014, DVD/BD-Start: 15.04.2015

Anleitung zum Unglücklichsein: Schwedens Auslandsoscarkandidat schickt eine Familie mit zwei Kindern in die französischen Alpen zum Skiurlaub. Ruben Östlund, der mit der Jugendbandenprovokation „Play“ schon aufreizend anstrengend sein Autorenfilmerimage profilierte, legt ein formal strenges Arthausdrama um eine Ehe nach, durch die seit einer Panikreaktion auf eine unvermutet bedrohliche Lawine ein Riss geht. Östlund nennt es ein „existenzielles Drama“, aber minimalistische Komödie wäre ebenso treffend. Oder Groteske. Respektive Satire.

Die spannende Frage, wie man selbst reagiert hätte (seine Familie schützen oder sich selbst in Sicherheit bringen), nimmt der Schwede zum Anlass einer Chronik, wie man binnen sieben Tage seine Ehe ruiniert und gleich noch die Beziehung eines befreundeten Pärchens mit. Das gleicht mehr einer verstiegenen Parodie auf Ingmar Bergman („Szenen einer Ehe“) und – ein wenig – auf das Werk von Michael Haneke, als dass es einer glaubhaften Psychologie folgen würde. Denn wie aus einer Fliege ein Elefant gemacht wird, ist so unsympathisch wie implausibel.

Familientherapie als prätentiöse Fuge

Nur ein Spiel? Ruben Östlund Idee einer Komödie laboriert nicht nur an einem problembeladenen Miteinander, in dem die frustrierte Ebba (Lisa Loven Kongsli) sich weigert, einen Vorfall in mildem Licht zu sehen. Unbeirrt sadistisch seziert sie die Feigheit ihres Mannes Tomas (Johannes Kuhnke), hält explizit Gericht über ihn und will ihm partout nicht vergeben, bis dieser als Jammerlappen in einer bizarren Heultirade kollabiert.

Dass intellektuell Veranlagte naiv in jede billige rhetorische Suggestivfalle tappen und sich unflexibel wie unreflektiert um Kopf und Kragen reden, bis ihr Männlichkeitsbild zerbricht, ist pure Spinnerei. Was noch in Ordnung ginge, wenn es sich nicht endlos hinzöge und halbwegs kurzweilig gestaltet wäre. Aber manch grotesk schlechten Abschnitt und sehr viel Leerlauf krönt Östlund auch noch mit prätentiösen Fugen (musikalisch wie visuell), bis seine quälend lang ausgebreitete Familientherapie Versöhnlichkeit signalisiert.

Sir Real

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