Kamikaze

Flotte, rührige und rührende spanische Tragikomödie über einen Selbstmordattentäter, der den Tod sucht und das Leben findet.

Kamikaze Cover

Álex Pina, E 2014
ohne deutschen Start
Story: Mit Sprengstoffweste sitzt Slatan im Flieger von Russland nach Spanien. Der kann wegen eines Schneesturms nicht abheben. So werden die Passagiere in einem einsamen Berghotel einquartiert und Slatan, der auf Anweisungen wartet, kann sich gegen die ansteckende Fröhlichkeit der Mitreisenden nicht wehren.
Von Thorsten Krüger

TV-Serienautor Álex Pina gelingt mit seinem Regiedebüt der wohl erste Suizidbomberfilm, der ein Lächeln ins Gesicht zaubert, das nicht im Halse stecken bleibt, sondern das Herz erwärmt. Leichtfüßig, aber mit großem Gespür für Tragik und liebenswerte, sehr farbige Charaktere, gelingt ihm das ganz ohne Klamauk („45 Minuten bis Ramallah“), Satire („Four Lions“) oder Drama („Paradise Now“): als fidele menschliche Komödie.

Ein Mann aus der (fiktiven) russischen Teilrepublik Karadjistan, der nach 100 Jahren Unterdrückung Frau und Kind an russische Embargos und Bomben verlor, erfährt von einem KZ-Überlebenden: Es gibt immer ein schlimmeres Schicksal. So ist Slatan (Álex García) längst nicht die einzige tragische Figur – jeder trägt sein Bündel, auch Nancy (Verónica Echegui), die hübsche Lebensmüde, deren Liebe einen Toten erweckt.

Feiert das pralle Leben

Denn der innerlich Abgestorbene trägt die Hoffnung eintätowiert. Er kann nicht verhindern, dass ihn die anderen Passagiere in ihren Kreis aufnehmen. Pina feiert ihr pralles Leben mit all seinen Ecken und Kanten. Ein exzellentes Ensemble, manchmal nervig, aber immer herzlich, ist wie eine lebhafte Familie, die Slatan in die Arme schließt. Die Besten: Ein Schuhverkäufer und eine Witwe (die Veteranen Héctor Alterio und Carmen Machi).

Auch wenn ein Kriegstrauma ihn durchschüttelt, seine Scharade wird immer schwieriger. Abgesehen von der Tücke der Technik rückt ihm das Script mit skurrilen Turbulenzen zu Leibe. Glaubwürdig sind die nicht, aber witzig. Mit einem geprügelten, treuen Zottelhund, den Slatan adoptiert und allen clever angebrachten Miniatur-Episoden von Liebschaften und Leidschaften fällt dies spielerisch und so bewegend wie der orchestrale Score aus.

Märchenhaftes und weihnachtliches Kolorit

Wer könnte schon seine Freunde töten? Dafür ist das Kolorit mit seiner geschickt verpackten Didaktik zu märchenhaft und weihnachtlich. Slatans Mission holt ihn natürlich noch ein, aber das Komödienrepertoire sieht eine Thriller- und Helden-Lösung für den vor, der Kinder, Hunde und Herzen gerettet hat. Das ist reine Fantasy, aber einfach nur schön und kitschfrei. Eine bestrickende Einladung, zum Rhythmus des Lebens zu tanzen.


Trailer nur auf Spanisch:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.