The Green Inferno

The Green Inferno Cover

Eli Roth, USA/RCH 2013
DVD/BD-Start: 03.03.2016

Technisch-handwerklich auf professionellem, kaltem Hollywood-Niveau vollzieht Horrorkurator Eli Roth eine Verneigung vor den berüchtigten Italo-Kannibalen, vornehmlich Sergio Martinos „Die weiße Göttin der Kannibalen“ (1978), „Lebendig gefressen“ (1980) und „Die Rache der Kannibalen“ (1981), beide von Umberto Lenzi, sowie „Nackt und zerfleischt“ (1980) von Ruggero Deodato, dem er sein Machwerk gleich noch widmet. Im farbsatten Amazonas-Dschungel fehlt mitten zwischen Seifenoper, Survival-Adventure und Drama mehr als nur der anarchisch-billige Charme des echten tabuverletzenden Trashs seiner Idole.

Da schließt sich die naive, verdächtig nach de Sade benannte Justine (die einzige, die ihrer Figur etwas Glaubhaftigkeit verleiht: Lorenza Izzo aus „Hemlock Grove“) cartoonesk-lackierten Aktivisten-Ärschen an, die unbedarft in den Regenwald von Peru fliegen, um dort gegen Abholzung zu protestieren und in Gefahr zu geraten. Als ihre Kleinmaschine auf dem Heimflug abstürzt, nehmen sie rothäutige Kannibalen gefangen und zerstückeln sie als Dankeschön für ihr Engagement in mundgerechte Happen für ihren Sonntagsbraten.

„Hostel“ im Dschungel

Geschmacklich wie moralisch Abstoßendes hat es dem Regisseur der beiden schlechtesten (Horror)Filme des vergangenen Jahrzehnts – „Cabin Fever“ und „Hostel“ – schwer angetan. Nur degradiert er jede Klasse, indem er Genitalverstümmelungen mit Durchfall- und Wichshumor kreuzt, als würde er eine unreife US-Teen-Klamotte aufziehen. Die jeden Thrillgelegenheit skrupellos auskostende Exploitation ist so dümmlich, dass sie eher als Primitiv-Parodie schockiert, als mit ihrem drastischen, aber mäßig angerichteten Splatter.

Roths auch in seinem Script zu „Aftershock“ erkennbarer anti-humanistischer, Amerikaner sadistisch bestrafender und misogyner Geist beutet seine Protagonistin erst durch schmierige Kerle, schließlich selbst aus, um sie einer Frauenbeschneidung (gegen die sie zu Filmbeginn vorgehen wollte) zu unterziehen. Und das so plump wie andere sexuelle Anzüglichkeiten, die zugleich amerikanisch-prüde verpackt werden. Dazwischen desavouiert er Weltverbesserer, doch nie mit souveränen Stilmitteln und echtem Mut zum Aufruhr wie die Tiertötungen seiner Vorbilder, sondern so hirnrissig-stumpf-bekifft, das nur ein großer Hundehaufen daraus wird – das Gegenstück zu Fabrice Du Welz’ hypnotisch-intellektuellem „Vinyan“.

Ein Vergleich mit James Wan, der ebenfalls mit Torture Porn („Saw“) anfing und längst zu einem hervorragenden Schreckensmeister („The Conjuring“) gereift ist, verdeutlicht das ganze Ausmaß von Roths infantiler Debilität.

Max Renn

3 Gedanken zu „The Green Inferno“

  1. Exzellente Kritik. Endlich mal wieder jemand, der Roth nicht zum intellektuellen Autorenfilmer hochonaniert. Bitte weiter so!

  2. Boah, die Abneigung, die beim Lesen gerade gegen den Film aufstieg, ist fast schon Hass. Auch hässlich wiederum.

  3. Hat der Typ eigentlich mal irgendwas fabriziert, was nicht totaler Müll ist? Das Problem scheint ja in erster Linie zu sein, dass seine Filme als Hommage gedacht sind, er letztlich aber selber nicht zu kapieren scheint, was die Filme, die er auf diese Weise anpreisen will, überhaupt ausgemacht hat. Immerhin liefert er mir immer neuen Stoff, also beschwer ch mich mal nicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.