Kinostart: 13.11.2014, DVD/BD-Start:26.03.2015, DVD/BD-Start: 26.03.2015
Die von Ridley Scott produzierte Adaption des namensgleichen britischen Thrillerbestsellers (von Steve Watson 2011 verfasst), besucht Christopher Nolans „Memento“-Terrain wie eine unaufdringlich-bedachte, dunkle Ausgabe der Konzept-Komödie „50 erste Dates“. In perfekter Rhythmik enthüllt Rowan Joffe viele kleine und schließlich einen heftigen Twist, was die Identitäts-Mystery zum abgründigen Psychothriller zuspitzt.
Nach seinem Noir „Brighton Rock“ und dem Script zu „The American“ geht es Joffe wieder darum, wem man vertrauen kann. Das Mittel der retrograden Amnesie, eine Frau ohne Kurzzeitgedächtnis, setzt er in einer geerdeten, „Murmeltier“-Filmarchitektur ein, von einer Make-Up-freien Nicole Kidman ganz ungekünstelt geschultert. Wie zuvor im bewegenden „Railway Man“ ist sie mit Colin Firth verheiratet, der sie treu umsorgt.
Innerlich Mitte 20, äußerlich 40. Sich im Spiegel zu betrachten kommt als existenzieller Schock – sie glaubt, das ganze Leben läge noch vor ihr, dabei ist es schon halb vorüber. Ängstlich tastet sie sich wie eine Demenz-Patientin durch ihre Umgebung. Ein Videotagebuch, begonnen auf Anraten von Dr. Nash (Mark Strong, „Mindscape“) und versteckt vor ihrem Mann, startet einen Paranoia-Thriller: Jemand hat versucht, sie zu töten.
Stück um Stück Wahrheit enthüllt Joffes Script bündig, legt falsche Fährten und unterminiert das Vertrauen in sich und andere: Alle Charaktere sind ambivalent, was ein geniales Wechselbad der Gefühle bedingt, zwischen den Polen Schutz, Liebe, Fürsorge und Missbrauch, Schuld und kaltem Kalkül. Als Christine heimlich Zusammenhänge entdeckt, findet sie viel Leid vor – soll man es wissen oder ist es besser, man ahnt nichts davon?
Ist Lüge Schutz und Wahrheit Schmerz? Diese Fragen oszillieren in den von jeder neuen Information veränderten Verstrickungen um die alles entscheidende Schicksalsnacht. In dem cleveren, genuinen Alptraum um das, was ein Paar eint und trennt, holt sich eine Frau ihr Leben zurück, das ahnungslos einem Psychopathen ausgeliefert war. Schwachpunkt ist da nur die mäßige Musik, die das rührselige Melodrama-Ende beinahe ruiniert.
Ist ja ein Ding. Ich finde eure Besprechung viel überzeugender als den Trailer. Auf den hin hätte ich den Film nicht ins Auge gefasst.