The Wipers Times

The Killing Joke: komisch-nachdenkliches Denkmal für vergessene Soldaten, die an der Westfront eine brillante Satire-Zeitung herausgaben

The Wipers Times Cover

Andy De Emmony, GB 2013
ohne deutschen Start
Story: 1916 in Ypern: Die britische Einheit um Captain Roberts und Lieutnant Pearson entdeckt eine Druckerpresse, Tinte und Papier. Woraufhin sie das satirische Frontmagazin „The Wipers Times“ herausgeben, das direkt im Schützengraben ein Hit und trotz Respektlosigkeiten von General Mitford gedeckt wird.
Von Max Renn

Der wohl beste Beitrag zum großen Erster-Weltkriegs-Gedenkjahr stammt aus dem britischen Fernsehen und bildet den absurden Wahnsinn von Materialschlacht und Stellungskrieg mit Spott, Ironie und Satire ab, (auch budgetbedingt) ganz ohne Blutgräuel und Stahlgewitter eines „Herz aus Stahl“, sondern stiff upperlip und mit Haltung den Kommiss karikierend, ein Vorläufer von „Catch 22“ und dem Komiker-Trupp Monty Python.

Deren Michael Palin spielt sicher nicht von ungefähr mit; als General, der gegen einen tobenden Colonel die subversiven bis meuterischen Aktivitäten nicht nur duldet, sondern mit Roberts sogar sympathisiert. Den verkörpert Ben Chaplin („Der schmale Grat“) exzellent und es ist zutiefst bedauerlich, dass er so unbekannt geblieben ist. Seine Waffen sind Worte, im witzigen Dialog-Ping-Pong mit Julian Rhind-Tutt („Lucy“) als Pearson.

Subtil, nachdenklich und leise berührend

„The Wipers Times“, benannt nach dem Brit-Slang für das unaussprechliche Ypern (Ypres), ist keine Komödie. Der Krieg ist nicht lustig, aber Ruinen-Humor, Splitter-Witze und Gag-Granaten bewahrt der im Dreck stehenden Schützengrabeneinheit die Zivilisiertheit. Sie lachen, damit sie nicht schreien müssen, was Andy De Emmony („Spitting Image“) stupend subtil, nachdenklich, mit Zwischentönen und leise berührend nahebringt.

Mit Chuzpe, Unverfrorenheit und bemerkenswerter Kreativität geht das Satire-Programm unter Artilleriefeuer in Druck und weg wie warme Semmeln, obwohl die journalistisch jungfräulichen Editoren kaum mehr wissen, wie eine solche schmeckt. Sie stellen Sinn und Strategie infrage, entwickeln Sketche über das Leiden am Optimismus, wie man Taxis erkennt (am roten Kreuz), wieso nur 16 Deutsche an der Front kämpfen.

Trifft den wahren Kern des Krieges

Diese werden wie kleine Vaudeville-Bühnenshows illustriert und ergänzen den mit wenigen Mitteln erzielten, dennoch authentischen Matsch-und Regen-Look der Schützengräben. Nur bei Explosionen und CGI-Totalen werden Budgetgrenzen sichtbar. Trotzdem reflektiert „The Wipers Times“ die Soldatensituation pointierter und umfassender als die meisten Kriegsfilme, wenn auch ausschließlich aus englischer Fighting-the-Fritz-Sicht.

Im Westen viel Neues: „Krieg wäre so ein großer Spaß, wenn das Oberkommando nicht darauf bestehen würde, dass man kämpft“. Das trifft den wahren Kern, wenn in 18 Monaten zehn Meter Gelände gewonnen und ganze Landstriche verwüstet werden. „You’ve seen the horrors of war, now prepare for the horrors of peace“: Roberts und Pearson starben in den 60ern vergessen in der Ferne, ohne dass ihnen ein Nachruf zuteil wurde.

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