Die neue Wildnis

Die neue Wildnis Cover

De nieuwe wildernis, aka The New Wilderness, Ruben Smit, Mark Verkerk, NL 2013
Kinostart: 09.04.2015, DVD/BD-Start: 09.10.2015

Die Naturdoku von Ruben Smit und Mark Verkerk („Himalaya Alert“) findet „Die neue Wildnis“ im Naturschutzgebiet Oostvaardersplassen, einem verlassenen Polder ganz in der Nähe von Amsterdam, wo sich binnen weniger Jahrzehnte eine Grasebene am Meer zum Paradies für heimische Arten entwickelte – und das in den Niederlanden, dem am dichtesten bevölkerten Land Europas, wo „Die neue Wildnis“ zum erfolgreichsten Kinohit des vergangenen Jahres wurde.

Auf deutsch spricht Naturschützer und Schauspieler Hannes Jaenicke („Knockin’ on Heaven’s Door“) den seriösen und kundigen Kommentar, der wie die Doku selbst keine Revue der Tierarten anstimmt, sondern sachlich und fundiert ihre Funktion im Ökosystem aufschlüsselt. Vorwiegend konzentrieren sich Smits und Verkerk auf die Konik-Pferd-Kolonie, Rothirsche, Graugänse und Eisvögel, finden aber auch viele andere Arten von Bibern bis Bienen und (da gibt es keine falsche Scheu) auch Dungkäfern. Sie folgen keiner Erregungsdramaturgie mit Hang zu Spektakel oder Vermenschlichung: Information geht in „Die neue Wildnis“ klar vor Entertainment.

Der Tod ist so wichtig wie das Leben

Schauplatz ist eine dem Meer abgetrotzte Grasebene, auf der sich die Entwicklung binnen eines Jahres vollzieht. Fressen und Fortpflanzung schreiben das Drehbuch, in dem nur die Starken überleben – die Natur verlangt viel und der Tod ist so wichtig wie das Leben. Mit Ruhe und Geduld erklärt „Die neue Wildnis“ Sozialstruktur und -Verhalten, bisweilen gar die Sprache der Tiere, vermittelt Belustigung oder Besorgnis sehr zurückhaltend, setzt Zeitlupe und Zeitraffer so sparsam ein wie gelegentliche musikalische Crescendi.

Dennoch wirkt diese Langzeitbeobachtung, die im dampfig-goldenen Frühlingsdunst beginnt, aber mit einem erbarmungslosen Winter eine harte emotionale Probe stellt: Nicht erst der Tod eines schwarzen Fohlens fällt traurig und herb aus – der letzte Gruß eines Rotkehlchens für das bereits eingeschneite Tier ist ein ungeschminkter „Bambi“-Moment, in dem sich die ganze Klasse von „Die neue Wildnis“ offenbart. Eine gute Sache für Naturfans, viel erwachsener als zuletzt „Planet Deutschland“, „Bären“ oder „Rheingold“, auch wenn diese optisch mitunter imposanter ausfielen.

Jochen Plinganz

imdb ofdb

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