Chappie

Neill Blomkamps dritte Dystopie – verkappter Familienkitsch mit Gangsta-Clowns und puppenspielendem RoboCop-Baby?

Chappie Cover

Neill Blomkamp, MEX/USA 2015
Kinostart: 05.03.2015, DVD/BD-Start: 09.07.2015
Story: Johannesburg 2016. Die Firma TetraVaal Robotic hat die Polizei mit der weltersten Robotereinheit versorgt. Als Programmierer Deon eine neue KI entwickelt, stehlen Gangster das Chassis mit dem Verstand eines Babys und erziehen ihn zum Verbrecher. Auf diese Gelegenheit hat Deons Rivale Moore gewartet.
Von Max Renn

Tendenz: stetig bergab. Nach seinem gefeierten Einstand „District 9“ konnte der Südafrikaner Neill Blomkamp mit „Elysium“ nur noch halb überzeugen, bleibt in „Chappie“ seinem Metier der Science-Fiction-Dystopie treu, kehrt nach Johannisburg zurück und versagt über weite Strecken, das Leben eines Homie-Bots zu gestalten – zu bunt-skurril ist seine SF-Thriller(-Komödie), und bisweilen unpassend trashig cartoonesk.

In gewohntem, atemlosen Report-Stil samt Brennpunkt-Ästhetik legt er los, stürzt sich dynamisch-mitreißend mit Infanterie-Waffen in eine Razzia. Nach zehn Minuten ist das Pulver verraucht und als ein White-Trash-Banditen-Pärchen (Ninja und Yolandi von der Kirre-Combo „Die Antwoord“) Nerd-Genie Deon (Dev Patel, „Slumdog Millionär“) entführt, startet ein grotesker Kinder- und Familienfilm. Kein Vergleich zu „Con Game“.

Mit der Blechbüchse soll, kann man aber nicht fühlen

Denn Deons von der Schrottpresse geholter Polizeiroboter erhält ein neues Bewusstsein – und startet als selbstlernende KI wie ein Baby, das von seinen hirnamputierten Eltern und He-Man-TV-Müll zum Bling-Bling-Gangsta geformt wird. Das ist lächerlich nervtötend und mit Rührglasur übergossen. Mit der blöden Blechbüchse (durch CGI ersetzt: Blomkamps Regular Sharlto Copley) kann man nicht fühlen wie mit „Ex Machina“.

Soll man aber, weshalb Blomkamp die existenzielle Dramatik überreizt und es damit schafft, dass „Chappie“ als Komödie nicht komisch ist und als Thriller nicht thrillt. Die verbrechensverseuchte Nahzukunft wirkt mehr denn je wie eine Parodie auf Blomkamps frühere Werke – Kriminelle sind Clowns mit leuchtenden Waffen und peinlichen Pulp-Frisuren, die elend lange versuchen, den braven Roboter zum Überfall zu überreden.

Das alte Duell von RoboCop gegen ED-209

Als Gleichnis eines unschuldigen Wesens in der bösen, brutalen Welt ist „Chappie“ stümperhaft plakativ, Sigourney Weaver als CEO völlig verschenkt und erst mit einem Hack kommt Stimmung auf, wenn Anarchie à la „Purge“ und „Escape From New York“ ausbricht. Dann schlägt die Stunde von Deons Konkurrent Moore (Hugh „Wolverine“ Jackman genießt seinen Bad-Guy-Auftritt allzu sehr) und seinem Kampfroboter.

Das alte Duell von RoboCop gegen ED-209 (heißt hier: Moose) steht also an, zeitlich viel zu nah am „RoboCop“-Remake und qualitativ meilenweit von Paul Verhoeven entfernt. Wenigstens macht das furiose Finale mit der Sprengkraft einer Artillerie-Division Spaß und die Schlusspointe um den Bewusstseinstransfer in neue Roboterkörper gefällt ebenfalls. Was davor geschieht, ist hingegen schrottreif. Chapeau? Eher Schappi.

imdb ofdb

2 Gedanken zu „Chappie“

  1. Story klingt gar nicht mal so bescheuert, finde ich. Aber die Thematik von der Maschine mit den Gefühlen ist halt so ausgelutscht..

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