DVD/BD-Start: 24.04.2015
Folk-Horror-Masken sind derzeit der letzte Genre-Schrei (siehe „Blackwood“). Auch im ehrgeizigen Feriencamp-Slasher des Belgiers Jonas Govaerts versprechen sie im Verbund mit Kameraarbeit und 80er-Synthie-Leitthema wesentlich mehr, als der Thriller nach Schlitzermuster mit Horror-Touch halten kann. „Camp Evil“ (danke für diesen dummen „deutschen“ Titel!) hat kaum Gespür für Charaktere, kann sich in seine Kids nicht einfühlen wie Guillermo del Toro mit „The Devil’s Backbone“ oder „Pans Labyrinth“, und auch moralische Verwerfungen sowie die Faszination am Bösen nicht ausloten – wie Govaerts Landsmann Fabrice du Welz („Calvaire“), dem er offensichtlich nachstrebt.
Der englische bzw. belgische OT bedeutet Junge, Flegel: Diese („Welpen“) sind das eigentliche Thema von „Camp Evil“, der von dem gemobbten 12-jährigen Außenseiter Sam erzählt, der auf dem Pfadefinderlager im Grünen als einziger feststellt, dass die Mär von Kai, dem Werwolfjungen, wahr ist. Der verwilderte Gleichaltrige haust in einem kokonartigen Baumhaus und ist die dunkle Version von Sam: Aus diesem „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“– inklusive „Herr der Fliegen“-Ansatz macht Govaerts aber – nichts.
Recht einfältig listet er wahrlich ungemütliche Scout-Spiele auf. Präpubertierendes Jungsverhalten saugt, die Sadismen des brutalen Aufseher-Arschlochs Baloo auch. Im konfusen Hin und Her wenig durchdachter In-die-Fallen-tret-Routine geht die Psychologie der Terrorwirkung, die Sam in dem „Descent“-Jungen einen Freund finden lässt, ziemlich unter. In der idealen Kulisse von Wald, Lichtung und nahegelegener Industriebrache erweckt Grovaerts nur halbherzig die immens beklemmende Atmosphäre – die Stilfinesse eines „Warte, bis es dunkel wird“ fehlt.
Vermutlich ein arbeitsloser Fabrikangestellter ist der anonyme Schlachter-Typ (und Kais Vater?), doch auch aus seiner Figur holt Govaerts nichts heraus (etwa ein Stück Sozialkritik): Er killt mit booby traps erst zwei Go-Kart-fahrende „New Kids Turbo“-Lümmel und einen fetten Gendarm auf seinem Mini-Mofa, dann alle anderen. Das ist dumpf und nur im Dunkeln blutig, die Verwandlung Sams vom Prügelopfer zum Killer bleibt behauptet, eine Reflexion über Gewalt als Kommunikationsform mit verheerenden Resultaten gelingt kaum. Was immer „Camp Evil“ alles sein will – er ist es nicht. Was nimmt man mit? Bestenfalls den „Suspiria“-Klingelton.
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