Mein Herz tanzt

Der Lebensweg eines Palästinensers in Israel ist eine witzige Rhapsodie in Moll, die mit menschlicher Größe sanft nahegeht

Mein Herz tanzt Cover

Dancing Arabs, Erin Rilkis, IL 2014
Kinostart: 21.05.2015, DVD/BD-Start: 22.10.2015
Story: Anfang der 80er Jahre erweist sich Palästinenser Eyad als junges Genie, das später als einziger Araber in einer Jerusalemer Eliteschule aufgenommen wird. Er passt sich an, pflegt eine heimliche Liebe zu Mitschülerin Naomi, betreut den gelähmten Yonatan – und gerät schmerzhaft zwischen zwei Kulturen.
Von Sir Real

Dancing Arab: Kein Araber tanzt wirklich im neuen Film von Eran Riklis, der damit nach seinem ungewohnt schwachen „Zaytoun“ wieder zu alter Stärke von „Die syrische Braut“ und vor allem dem thematisch vergleichbaren „Lemon Tree“ findet. Vielmehr vollführt ein junger Palästinenser einen gefährlichen Eiertanz zwischen arabischer und jüdischer Kultur, zwischen seinen Identitäten auf, eine fortwährende Verleugnung seiner selbst.

„Mein Herz tanzt“, nach dem autobiografisch inspirierten Roman des Journalisten Sayed Kashua, ist ein komisches wie trauriges Coming of Age, das humorvoll und in vorwiegend leisen Tönen von 1982 bis Mitte der 90er Jahre gelebte Geschichte aus der Perspektive eines begabten jungen Arabers schildert und wie die meist subtile, aber immanente Diskriminierung ihm sein Glück, seine Liebe und seine Chancen zu nehmen drohen.

Bittersüße Melancholie, feinfühliges Außenseiterum

Zunächst betrachtet Riklis in schmunzelnder Entspannung politisch-soziale Verhältnisse aus Kinderaugen, im Verlauf sieht der schüchtern-friedfertige Eyad viel Hass auf beiden Seiten des Nahostkonflikts. Sein Vater, dessen gescheiterten Lebenstraum er verwirklichen soll, beschreibt es so: „Wir dachten, wir könnten Palästina von den Juden befreien. Heute wollen wir nur in Würde leben.“ Lange versucht Eyad das mit Anpassung.

Die zur Heimlichkeit gezwungene, verbotene Liebesbeziehung mit Naomi hält zwar jahrelang, ist aber zum Scheitern verurteilt und Ursache bittersüßer Melancholie. „Ich vergesse manchmal, dass du Araber bist“, sagt sie. „Ja, ich auch.“ „Keine Sorge, es gibt immer jemanden, der dich daran erinnert.“ Klischeelos feinfühlig zeigt „Mein Herz tanzt“ dieses Außenseitertum, weshalb der muskelgelähmte Yonatan Eyads bester Freund wird.

Gelebte Geschichte aus der Perspektive eines Arabers

Als dessen Zustand ihn im Laufe der Jahre ans Bett fesselt, nutzt Eyad ihre Ähnlichkeit, um mit seinem Ausweis einen ihm sonst verwehrten Job zu ergattern. Die Möglichkeit auf ein menschenwürdiges Leben ist ihm nur unter jüdischer Identität möglich, was ein atemberaubendes Geschenk seiner Ziehmutter erwirkt. Womit der nachdenkliche wie nahegehende „Mein Herz tanzt“ seinem sensibel-treffenden deutschen Titel gerecht wird.

imdb ofdb

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