ohne deutschen Start
Südkoreas blut- und gewaltgetränkte Landesgeschichte verdichtet Yu Ha mit dem Entstehungs-Mythos von Seouls Gangnam, seit Psys Hit „Gangnam Style“ der zweifellos berühmteste Distrikt der Hauptstadt. Mit der stylishen Gangster-Saga im 70ies-Period-Look kehrt Yu zum organisierten Verbrechen von „A Dirty Carnival“ (dt: „Straßen der Gewalt“) zurück und dichtet in „Gangnam 1970“ eine, allerdings wenig originelle, Brüderballade, deren Tragik sich diesmal nicht aus der Separation in Nord und Süd (wie „Brotherhood“), sondern der in zwei verfeindete Syndikate speist.
Die einander blutsbrüderlich verbundenen Waisenjungen Jong-dae und Yong-ki frieren und hungern als Lumpensammler, beginnen aus purer Not in der Schlägerkolonne der Immobilienmafia, werden im Gefecht getrennt und stehen sich drei Jahre später in gnadenlos und brutal rivalisierenden Parteien gegenüber, die südlich des Han-Flusses um Land und Einfluss ringen und deren grausame Territorialkämpfe bis in die Politik reichen. Beide ersehnen sich „A Better Life“ respektive „A Better Tomorrow“, was in verkürzter bis verwirrender Handlungsführung nicht immer leicht zu verfolgen ist.
Technisch hochklassig gewinnt „Gangnam 1970“ etwas Ambiente der Yakuzafilme jener Ära und kann sich mit Martin Scorseses „Gangs of New York“ messen, von dem er unverkennbar inspiriert ist, entwickelt aber nicht die erzählerische Reife eines Michael Cimino oder Sergio Leone („Es war einmal in Amerika“). Dafür gestaltet Yu die inneren und äußeren Konfliktlinien zu unübersichtlich, bisweilen unverständlich, woran weder Produktionswerte noch Schauspieler etwas ausrichten können. Die historische wie biografische Epik bleibt drehbuchbedingt marginal.
Dafür erheben sich, nach südkoreanischer Sitte, wiederholt rabiate Prügelorgien, in denen mit Faust, Fuß, Holzknüppel, Messer und Schusswaffe wüst hantiert wird, bis gebührend viele Kombattanten krepieren. Dadurch bleibt „Gangnam 1970“ ansprechend, aber dennoch fühlt er sich an, als würde man permanent etwas verpassen. Yu schließt an die jüngsten, polierten Unterwelt-Kassenschlager „Nameless Gangster“ und „New World“ an, ohne ihnen etwas hinzuzufügen, am allerwenigsten ein klare Linie. Die hat „The Yellow Sea“. Und „The Raid 2“ verzeichnet immerhin mehr Action.
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