Bridge of Spies

In Steven Spielbergs Politthriller steht Anwalt und Menschenfreund Tom Hanks rührend für Humanismus im Kalten Krieg ein

Bridge of Spies Cover

aka Bridge of Spies – Der Unterhändler, Steven Spielberg, USA/IND/D 2015
Kinostart: 26.11.2015, DVD/BD-Start: 12.05.2016
Story: 1957 enttarnt man Sowjet-Agent Rudolf Abel in Brooklyn. Versicherungsanwalt James Donovan soll ihn verteidigen, wofür ihn die ganze Nation hasst. Als später ein US-Spionageflugzeug über Russland abgeschossen wird, bittet die CIA Donovan, in Ostberlin heimlich einen Spion-Tausch auszuhandeln.
Von Thorsten Krüger

Wieder gelingt Steven Spielberg die Transformation eines Geschichtskapitels zum spannenden, brillanten Politthriller, der nach dem schwächeren „Lincoln“ wieder die Meisterschaft ausspielt, die „München“ innewohnte. In „Bridge of Spies“ mündet historisch-biografisch Verbürgtes dank der hervorragenden Überarbeitung des Scripts durch die Coens („True Grit“) in eine Lektion über Menschlichkeit auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs.

Im ersten Abschnitt tritt Tom Hanks („Der Soldat James Ryan“) das Erbe des standhaften Mannes an, wie ihn Frank Capra („Mr. Smith geht nach Washington“) schuf: Als Gewissen der Nation, als unerschütterlicher Kämpfer für den Rechtsstaat und Verfassungspatriot, der kritisch die Menschenrechte hochhält, was in Zeiten von Guantanamo sehr aktuell bleibt. Hanks Rolle erinnert nicht zuletzt an seinen Kampf in „Philadelphia“.

In Zeiten von Atomhysterie und Kommunistenhatz

Gewürzt jedoch mit hintersinnigem Szenehumor und trockenem Witz, bei dem sowohl Darstellerleistungen, als auch die Handlungsführung zu genießen sind. Besonders Theaterstar Mark Rylance, bislang nur aus Nebenrollen ein Begriff („Days and Nights“), hat viele göttliche Zeilen aus der Feder der Coens, die zum kleinen Aphorismen-Schatz gereichen. Durch ihn stellt sich für Hanks Figur der „Dead Man Walking“-Effekt ein:

Man feindet ihn an, dass er einen Teufel (der gar keiner ist) verteidigt. In Zeiten von Atomhysterie und Kommunistenhatz ein Höllenjob. Alle wollen Abel auf dem elektrischen Stuhl sehen, aber in Abschnitt zwei wird Donovans Hellsichtigkeit, einen humanitären Handel vorzuschlagen, bedeutend und „Bridge of Spies“ wandelt sich vom Gerichtsdrama zum Spionagethriller in (Ost)Berlin während des Mauerbaus: Der Spion, der erkältet war.

Sporadisch dick aufgetragen, aber bewegend

Als ausgebuffter Unterhändler und Menschenfreund, der inoffiziell für die CIA in der DDR mit KGB und Stasi einen Gefangenenaustausch mit dem Piloten einer U2 akkordieren soll, wird er ohne Rettungsring in ein winterliches Haifischbecken geworfen und ist quasi auf sich allein gestellt. Sein Geschick entscheidet über Menschenleben, während die NVA an der Mauer mordet – das ist sporadisch dick aufgetragen, aber bewegend.

Als gekonnter Erzähler verhilft Spielberg „Bridge of Spies“ zu einigen starken Symbolen und denkwürdigen Momenten, die auch vieles an den USA und der CIA mit ihrer Regellosigkeit treffend bemängeln. Die gedankenvolle Geschichtsstunde im John-le-Carré-Format rührt am Ende, wenn Werte zu später Ehre finden. So überwältigend meisterlich wie „Schindlers Liste“ ist das natürlich nicht, hat aber Einiges von dessen Qualitäten.

imdb ofdb

Ein Gedanke zu „Bridge of Spies“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.