Carol

Stilvolles Liebes- und Gesellschaftsdrama nach Patricia Highsmith um die Sehnsucht zweier lesbischer Frauen in den 50er Jahren

Carol Cover

Todd Haynes, GB/USA/F 2015
Kinostart: 17.12.2015, DVD/BD-Start: 20.04.2016
Story: 1952 trifft die New Yorker Kaufhaus-Verkäuferin Therese auf Society-Lady Carol. Obwohl sie einen Freund hat, kommt sie Carol näher, die im Scheidungskrieg um ihre heißgeliebte Tochter schlechte Karten hat, weil ihr Gatte sie und Therese auf ihrer Fahrt durch das Land von einem Privatdetektiv beschatten lässt.
Von Thorsten Krüger

Douglas-Sirk-Verehrer Todd Haynes („I’m Not There“) hat nach „Dem Himmel so fern“ bereits seine zweite Hommage an den Meister des Technicolor-Melodrams vollendet. „Carol“, entstanden nach Patricia Highsmiths autobiografisch geprägten und deshalb 1952 vorsichtshalber unter Pseudonym veröffentlichten Roman „Salz und sein Preis“, hat Haynes seinen homo-/multisexuellen Stempel noch ein Stück weit mehr aufgedrückt.

Beim zweifellos ehrenwerten Bemühen kein women´s weepy zu gebären, wie Sirks Werke mitunter despektierlich verrufen wurden, geht Haynes viel zu streng gesittet und unaufdringlich vor, um nennenswert Emotionen zu erzielen. „Carol“ hat nicht den Mut zum Melodram und nicht die optische und ausstatterische Brillanz, um als expressiv das Innere der Figuren zu spiegeln und ihrer Tragik entsprechende Fallhöhe zu verleihen.

Verbeugung vor zwei Frauen

Ihm fehlt das klar Budget (und damit die Fachkräfte) der noch eleganteren Highsmith-Adaption „Der talentierte Mr. Ripley“. Das soll nicht heißen, „Carol“ wäre schlecht, aber da Haynes ebenso wenig über die dramaturgische Kapazität verfügt, um auf den Punkt zu kommen, laviert er zu lange im Ungefähren herum. Neben dem hübschen Stil, dem Pastiche-Look, dem Dekor und der Musik wächst nur sporadisch etwas mehr rüber.

Haynes Verbeugung vor zwei Frauen hätte ruhig schwelgerischer und schwärmerischer ausfallen dürfen, aber auf seine beiden Aktricen ist Verlass: Cate Blanchett („Der Hobbit“, „Blue Jasmine“) als manieriert-überschminkte Dame ist ein Genuss, noch besser aber Rooney Mara („Verblendung“), die schüchtern-mädchenhaft mit ihren Tränen und dem grandiosen Ende bewegt, obwohl sie für die Oscars nur als Nebenrolle klassifiziert wird.

Kälte der Wintergrade und Mitmenschen

Sie macht aus weniger mehr, was der Film, in dem viel geraucht und getrunken wird, nicht immer schafft. „Carol“ steht oft knapp davor, ein Edellangweiler zu werden, auch wenn die Divergenz von Gesagtem und Gedachtem, die Kälte der Wintergrade und Gefühle der Mitmenschen, der Einsamkeit unter Freunden subtil gewirkt ist. Schön zudem die zärtliche Liebesszene, ein glatter Gegenentwurf zu „Blau ist eine warme Farbe“.

imdb ofdb

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