Hardcore

Ein blutiges Ballerspiel komplett aus der Ich-Perspektive – originell, dreckig, technisch furios, aber arg eindimensional und einseitig

Hardcore Cover

Hardcore Henry, Ilya Naishuller, RUS/USA 2015
Kinostart: 14.04.2016, DVD/BD-Start: 09.09.2016
Story: Als Henry im Labor erwacht, schraubt seine Frau Estelle gerade seine Gliedmaßen zusammen: Er ist ein Cyborg ohne Gedächtnis, den Psychopath Akan mit Söldnerscharen durch Moskau jagt. Mit seinen vielen Klonen hilft Wissenschaftler Jimmy Henry, sich den Weg zu seiner Identität freizuschießen.
Von Max Renn

I’m a Cyborg, But That’s OK: In der miserablen Gamesadaption „Doom“ gibt es eine Ein-Minuten-Sequenz, die aus der Ego-Perspektive gefilmt ist – mit einer aufgeschnallten GoPro-Kamera und technischer Bravour hält dies das Debüt von Ilya Naishuller, der mit dem Punkvideo seiner Band Biting Elbows übte, auf Spielfilmlänge durch. Der Titel leitet sich vom Schwierigkeitsgrad in Computerspielen ab, dem „Hardcore“-Modus.

Immer mitten in die Fresse rein: „Hardcore“ ist aus dem gleichen, wilden Holz geschnitzt wie die beiden „Crank“-Kracher, nur dass die Handlung tatsächlich noch rudimentärer ausfällt. Hier zählt eben action is character. Und die entwickelt ein fabelhaftes Gameplay-Feeling wie ein First-Person-Shooter, furios und irre, stets auf der Flucht vor dem Kugelhagel rücksichtsloser Söldner quer durch Moskaus Straßen, Plätze und Bordelle.

Gleicht einem schmutzigen Comic

Die Kamera ist mitunter eine wackelige Angelegenheit, der Score treibt pausenlos an und der Gewalt-Overkill ist deftig blutig. Nur bei nackter Haut hält sich Naishuller auffallend zurück – da ähneln sich die verquere russische und amerikanische Moral auffallend. Die Schnitzeljagd, in der Angriff die beste Verteidigung ist, gleicht mit ihrem skurrilen Figurenarsenal mit bisweilen übernatürlichen Kräften sowieso am ehesten einem Comic.

„Hardcore“ nimmt sich wie eine schmutzige B-Fassung von Superhelden wie „Deadpool“ aus, wenn der kaputte Protagonist immer wieder zusammengeflickt wird, sich das telekinetische Bösewichterl produziert und Sharlto Copley („Chappie“) seine Sammlung an Hardboiled-Auftritten um eine ganze Freakshow kostümierter Klone bereichert. „You’re half machine, half pussy“ lautet der Schlachtruf dieses Aufputsch-Szenarios.

Der Spaß nutzt sich stark ab

Produziert von dem für seine wirren Actioncomics bekannten Timur Bekmambetow („Wanted“) nutzt sich der Spaß stark ab, besonders im ewigen Finale-Geprügel. Denn ohne Sprachchip ist die Kommunikation des Protagonisten sehr eingeschränkt und eine Identifikation schwierig. Gleiches gilt für jeglichen Tiefgang. „Hardcore“ ist kein „RoboCop“, Figuren wie Estelle (Haley Bennett, „The Equalizer“) tragen keine Emotionen.

Die zynische Komik und das frenetische Durchladen eines „a grenade a day keeps the enemy away“ ist auf 96 Minuten verteilt etwas dürftig.

imdb ofdb

Ein Gedanke zu „Hardcore“

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